Kreis Lörrach Sterbehilfe als „Notausgang“? Gibt es eine Pflicht zu leben?

Die Oberbadische
Diskutierten zum Thema „Sterbehilfe“ (v.l.): Reiner Marquard, Armin Schuster, Matthias Zeller, Erika Preisig und Jan Gärtner. Foto: Gottfried Driesch Foto: Die Oberbadische

Podiusmsdiskussion des „Förderkreises Hospiz am Buck“ zum Thema „Sterbehilfe“ im Lörracher Hebelsaal

Kreis Lörrach (dr). Auf große Resonanz stieß am Samstag die Podiumsdiskussion des „Förderkreises Hospiz am Buck“ im Hebelsaal das Dreiländermuseums Lörrach zum Thema „Sterbehilfe“. Unter der Leitung von Matthias Zeller diskutierten Teilnehmer aus Politik und Medizin über „Sterben auf Wunsch oder Leben bis zuletzt“.

Anlass der Veranstaltung war der Umstand, dass der Deutsche Bundestag in rund vier Wochen ein neues Gesetz zur Sterbehilfe verabschieden will. Vier fraktionsübergreifende Vorlagen liegen auf dem Tisch. Eine davon will jede Art von Sterbehilfe verbieten und unter Strafe stellen, die anderen Vorlagen wollen die Beihilfe zur Selbsttötung zu unterschiedlichen Bedingungen erlauben. Bei der kommenden Abstimmung ist der Fraktionszwang aufgehoben.

Matthias Zeller erläuterte zu Beginn, dass bereits jetzt die Beihilfe zur Selbsttötung straffrei sei. Das Töten auf Verlangen sei hingegen mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht.

Der Lörracher Bundestagsabgeordnete Armin Schuster (CDU) gab an, dass er seine eigene Meinung in den viele Stunden dauernden Diskussionen im Bundestag geändert habe. „Es gibt keine Pflicht zu leben“, sagte Schuster. Demnach könne jeder seinem Leben ein Ende setzen, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Er plädiere dafür, dass nahe Angehörige für eine Beihilfe nicht bestraft werden sollten. Gewerbsmäßiges Handeln solle aber in jedem Fall strafbar bleiben. Andererseits würde durch eine gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe der gesellschaftliche Druck auf schwer kranke Menschen stark zunehmen.

Der evangelische Philosoph Reiner Marquard kritisierte, dass Gesetze allgemein abgefasst seien. „Beim Sterben liegt aber jeder Fall anders und ist einzigartig“, gab er zu bedenken. Der Gesetzgeber solle es Ärzten ermöglichen, gewissensgebundene Entscheidungen zu treffen.

Seit zehn Jahren beschäftigt sich die Ärztin Erika Preisig aus Biel mit Sterbebegleitung. Davor befasste sie sich 20 Jahre mit Palliativmedizin. „Nur der Patient selbst kann entscheiden, wie schwer er leidet. Ein Außenstehender kann das nie beurteilen“, sagte sie zur Beurteilung des Sterbewunsches.

Der leitende Oberarzt der Klinik für Palliativmedizin Freiburg, Jan Gärtner, vertrat die Auffassung, dass fast allen Patienten im Endstadium durch palliativmedizinische Maßnahmen ein lebenswertes Leben ermöglicht werden könnte. Für die wenigen, bei denen dies nicht gelinge, würde ein „Notausgang“ reichen.

Eine Frau aus dem Zuhörerraum schilderte, wie sie ihren Vater in die Schweiz zum Sterben begleitete. Für ihn seien trotz Morphinpflastern die Schmerzen nicht mehr auszuhalten gewesen.

Ein pensionierter Seelsorger aus der Schweiz berichtete von seiner Schwester. Deren Arzt habe gesagt: „Es gibt Krankheiten, an denen stirbt man nicht. An denen verreckt man.“ Sie habe sich für ein begleitetes Sterben entschieden.

„Ich will nicht vom Hochhaus springen müssen, sondern mich in einer würdigen Umgebung von meiner Familie verabschieden“, bekannte eine Frau, die nach eigenen Angaben selbst schwer krank ist.

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