Kreis Lörrach „Strahlen in Augen“ begeistert

Die Oberbadische
Landrätin Marion Dammann (stehend v.l.), Jutta van Dieck, Leiterin des Seniorenheims Himmelspforte, und ihre Altenpflegeschülerin Stefanie Hoor kamen mit weiteren Verantwortlichen und Schülern in der Altenpflege ins Gespräch. Foto: Marco Fraune Foto: Die Oberbadische

Altenpflegeschüler und Seniorenheim-Verantwortliche mit Landrätin im Gespräch / Faszination für Job

Von Marco Fraune

Kreis Lörrach. Sie werden verhältnismäßig schlecht bezahlt, haben einen anstrengenden Job und die Wertschätzung in der Gesellschaft ist gelinde gesagt ausbaufähig. Der 23-jährige Manuel Flocken will aber nicht jammern. Vivian von Pollem (18) freut sich, ihren Traumjob auszuüben – und die 22-jährige Stefanie Hoor kennt ebenso die negative Rangordnung im Pflegebereich. Das junge Trio wird in der Altenpflege ausgebildet und will dort trotz widriger Umstände weiter arbeiten.

Es ist eine Mut machende Runde, die an diesem Nachmittag im Seniorenheim Himmelspforte Wyhlen zusammensitzt: Neben Führungskräften aus dem Bürgerheim Rheinfelden, dem Markus-Pflüger-Heim in Schopfheim-Wiechs oder auch dem AWO-Seniorenzentrum Emilienpark und der Himmelspforte in Grenzach-Wyhlen sind es deren Altenpflegeschüler, die Leidenschaft für den Beruf transportieren. „Das dankbare Lächeln“, erfüllt die 18-jährige Vivian von Pollem. Dies erzeuge ein schönes Gefühl bei ihr. Eine Kollegin schätzt, dass sie wahnsinnig viel von den Menschen lernt. Auch die Begleitung der Menschen auf ihrem letzten Lebensweg sehen die Altenpflegerinnen als ein wichtiges Feld an. „Das Strahlen in den Augen“ auch.

Diese Begeisterung ist dringend notwendig. Wer sich die demographische Entwicklung und den Fachkräftemangel im Altenpflegebereich vor Augen führt, sieht auch im Landkreis Lörrach die sich verschärfende Situation. Schon in 16 Jahren, also im Jahr 2030, soll die Zahl der Über-80-Jährigen um 60 Prozent steigen. Während gegenwärtig auf einen 85-jährigen und älteren Kreisbewohner 13,7 Kreisbewohner im Alter von 40 bis 65 Jahren kommen, werden dies im Jahr 2030 nur noch 8,5 sein. Genau auf diese Prognose verweist Landrätin Marion Dammann.

Sie selbst ist als Kreischefin auch Arbeitgeberin der Mitarbeiter in den landkreiseigenen Einrichtungen – dem Pflegeheim Markgräflerland, dem Markus-Pflüger-Heim, dem Pflegeheim Schloss Rheinweiler und dem dort angesiedelten Ambulanten Dienst. Pflege und Betreuung für mehr als 500 Menschen wird hier geboten. Seit kurzem erfolgt die Entlohnung des neuen Fachpersonals auch nicht mehr über die kreiseigene Tochterfirma Datamed und damit über den Zeitarbeitstarif, sondern direkt über den Landkreis, der nach dem Tarifvertrag öffentlicher Dienst bezahlt, kurz TvöD. Davon redet die Landrätin an diesem Nachmittag vor den Altenpflegern aber nicht.

Vielmehr verweist sie auf Bestrebungen, dass die alten Menschen möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden betreut werden sollen. Und: „Wir brauchen ein großes Potenzial an ausgebildeten Kräften.“ Zur Entlohnung erklärt Dammann, dass es eine Frage dessen sei, was die Altenpflege der Gesellschaft wert ist, dafür zu bezahlen. Die gefühlte Wertigkeit komme jetzt erst. „Ich denke, dass dieser Druck und Fokus gut ist, aufzuklären und damit Anerkennung zu erzeugen.“ Wie gesagt, kein Wort zu der Rolle des Landkreises in der jüngeren Vergangenheit.

Doch zurück zu den Nachwuchs-Altenpflegekräften. Manuel Flocken wollte eigentlich nie diesen Job ausüben. Doch da das Mathe-Studium auch nicht passte, und ihn der Weg doch in den Emilienpark führte, ist er schon im dritten Lehrjahr hier im Einsatz. Aktionen, bei denen Berufskollegen sich auf den Boden legen, um damit auf die Altenpflege am Boden hinzuweisen, passen ihm gar nicht. Wenn man nur das Negative zeige, dürfe man sich über einen Fachkräftemangel in diesem Bereich nicht wundern. „Man sollte nicht nur meckern.“

Stefanie Hoor teilt die positive Akzentuierung. „Alle jammern nur.“ Der Ruf des Altenpflegers sei daher schlecht. „Wenn der besser wäre, dann würden mehr Menschen die Ausbildung machen.“

Die Leiterin des Bürgerheims Rheinfelden, Irene Lorenz, erkennt sogar bei den Hausärzten Mitleid für ihre Berufsgruppe. Diese würden schneller Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellen, da die Altenpflege doch ein Knochenjob ist. Lorenz verweist hingegen lieber auf die schlechte Bezahlung. „Da stimmt die Relation nicht.“ Petra Eger, Ausbildungsverantwortliche von der Gevita-Seniorenresidenz in Lörrach sieht gegenüber der Krankenpflege ein Missverhältnis. „Altenpflege ist nichts anderes.“

Aber Unterschiede gibt es offenbar schon – im positiven Sinn: „Es ist auch ein Stück Familie, das ist auch, was fasziniert“, weiß Jutta van Dieck, Leiterin des Seniorenheims Himmelspforte. Ihr Pendant vom Emilienpark, Brigitte Hanske, ergänzt: „Die Normalität von Zuhause wollen wir in die Einrichtung holen.“ Und dabei setzt sie auf die jungen Fachkräfte, die Enthusiasmus für ihren Job verbreiten. Denn: Die Ausbildung des Nachwuchses sei „fast die einzige und die beste Möglichkeit, die Fachkräftequote zu erreichen“.

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