Kreis Lörrach Teilhabe ermöglichen

Die Oberbadische
Diskutierten über das Leben im Alter (von links): Die Bundestagskandidaten David Trunz (Die Linke), Gerhard Zickenheiner (Grüne), Armin Schuster (CDU) und Jonas Hoffmann (SPD). Moderiert wurde die Veranstaltung von Henning Kurz, Leiter der VHS in Grenzach-Wyhlen (Mitte). Foto: Michael Werndorff Foto: Die Oberbadische

Podium: Bundestagskandidaten diskutieren über sozialpolitische Themen

Von Michael Werndorff

Wie soll das Leben im Alter in Deutschland aussehen? Unter diesem Motto haben die heimischen Bundestagskandidaten von CDU, SPD, Grüne und Linke ihre Positionen im Rahmen einer Podiumsrunde im Hertener St. Josefshaus dargelegt. Eingeladen waren die Kandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien.

Kreis Lörrach. Die zahlreichen Besucher in der Mehrzweckhalle des Hertener St. Josefshauses verlangten Antworten auf eine ganze Reihe Fragen zur Sozialpolitik, die die Bundestagskandidaten in rund 90 Minuten auch lieferten. Sachlich und ruhig war der Meinungsaustausch, der die Themen Rente, Digitalisierung, demografischer Wandel, die Arbeitswelt im Alter oder auch das Wohnen und die Pflege umfasste.

Wohnen im Alter

Wie ein erfülltes Leben im Alter aussehen kann, umriss David Trunz (Die Linke): Alte Menschen nicht in Institutionen ablegen, sondern sie so gut es geht in neue Wohnformen mit jüngeren Menschen integrieren, wo sie sich noch gebraucht fühlen. Das befürwortete auch Gerhard Zickenheiner, der zum Beispiel die Alters-Wohngemeinschaft anführte. „Wir müssen dem Alter entsprechend bauen“, sieht der Architekt in Sachen Barrierefreiheit und Bedienfreundlichkeit Handlungsbedarf, wie auch Mitbewerber Armin Schuster (CDU).

Dieser rückte den Aspekt Gesundheit „als eines der maßgeblichen Themen im Alter“ in den Blick und betonte die Segnungen der Pharmabranche. In Sachen Pflege und Wohnformen bestehe aber schon jetzt ein breites Angebotsspektrum, machte Schuster deutlich. Mitbewerber Jonas Hoffmann (SPD) sprach sich für einen guten Standard aus, um zufrieden alt werden zu können und das zu tun, was man noch leisten könne.

Soziale Sicherung

Schuster, Hoffmann und Zickenheiner waren sich weitgehend einig darin, dass von einer Krise in der Rente nicht gesprochen werden könne. Zwar gebe es soziale Verwerfungen (Zickenheiner), auch gab es bewegtere Zeiten in der Rente (Hoffmann), aber im Großen und Ganzen gehe es der Bevölkerung verhältnismäßig gut.

Laut Schuster sei der Beschluss zur Rente ab 67 Jahren ein entscheidender Schritt gewesen. Das treffe auch auf die Flexirente zu: „Wir müssen uns daran gewöhnen, länger zu arbeiten und weg von einer fixen Jahreszahl zu kommen.“ Und: „Die beste Absicherung ist aber eine Null-Verschuldung, die wir jetzt im vierten Jahr haben“, so Schuster. Nun gehe es darum, Vollbeschäftigung zu erreichen und die Rentenpunkte möglicherweise von derzeit 48,3 auf 51 Punkte ansteigen zu lassen. Er forderte die Zuhörer auf, die Union am Versprechen, die Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2025 zu halbieren, zu messen. Zickenheiner merkte an, dass über prekäre Löhne nicht hinweggeredet werden dürfe. Auch gebe es vorgezeichnete Schicksale, kommentierte er Schusters Ausführungen. Für ihn sei die Flexibilisierung der Rente ebenfalls ein wichtiger Punkt. „Es ist wichtig, im Alter noch etwas zu tun zu haben – das müssen wir möglich machen“, sagte Zickenheiner.

Deutliche Kritik gab es von Trunz: „Es läuft nicht alles so wunderbar, wie hier dargestellt wird.“ Er erkennt in der Vollbeschäftigung einen riesigen Billiglohnsektor. Bei einem Stundenlohn von zwölf Euro müsse man 40 Jahre lang arbeiten, um eine Rente zu erhalten, die ein Existenzminimum ermögliche. Die Lohnentwicklung sei zudem von der Produktivität abgekoppelt, monierte Trunz. Hierzu erklärte Hoffmann, dass die Digitalisierung vieles einfacher mache, „aber die Vorteile nutzen wir noch zu wenig“.

Digitalisierung

Es müssten niederschwellige Angebote geschaffen werden, um eine Teilhabe zu erleichtern, forderte Zickenheiner. Dass man es auf allen Ebenen verschlafen habe, die Technik auszubauen, kritisierte Schuster und verwies auf die Milliardenprogramme, die fast zu spät gekommen seien. Der Staat müsse dafür sorgen, dass der Bedarf gedeckt wird, verwies der CDU-Politiker auf die sogenannte Gruppe der Silver Surfer, also Internetnutzer ab 50 Jahren, die mit der neuen Technik vertraut sei.

Dass sich noch bestehende Probleme von selbst lösen werden, erklärte Zickenheiner. Schon die nächste Generation werde mit der Digitalisierung keine Schwierigkeiten mehr haben. Den Grund für die Milliardenprogramme im Ausbau der Infrastruktur sieht Hoffmann in der Privatisierung der Telekom, die über viele Jahre nicht mehr investiert habe. Mit der Schaffung des Zweckverbands Breitbandversorgung habe der Kreis Lörrach daher die richtigen Weichen gestellt.

Pflege

Lebhafter wurde die Diskussion, als Hoffmann in diesem Zusammenhang erklärte, dass es auch in der Pflege nicht mehr ohne die Digitalisierung gehe, worauf sich Trunz für die Einstellung von mehr Pflegekräften aussprach und großen Beifall erntete. Hoffmann stimmte zu, Knackpunkt sei aber der Mangel an ausgebildeten Kräften. Das Argument, es werde nicht nach Tarif bezahlt, treffe insbesondere auf die heimische Region nicht zu, ergänzte er.

Dass sich die Pflegebranche besser organisieren solle, um im politischen Berlin stärker auf Gehör zu stoßen, wünschte sich Schuster. Nur so komme mehr Personal in die Heime. Auch was die Ausbildung angeht, sieht Schuster Handlungsbedarf: Eine generalisierte Pflegeausbildung sei ein wichtiger Ansatzpunkt. Dass der Beruf attraktiver werden müsse, gab Hoffman zu bedenken, und für Zickenheiner ist es der „Job mit dem größten Nachwuchsproblem“.

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