Kreis Lörrach „Wir wenden Leid von Kindern ab“

Die Oberbadische

Interview mit Heidi Schmieding zur Gründung der Schopfheimer Ortsgruppe des Kinderschutzbunds vor 30 Jahren

Schopfheim. Es war der Kinderarzt Stefan Poloczek, der 1985 die Schopfheimer Ortsgruppe des 1953 in Hamburg gegründeten Kinderschutzbunds ins Leben rief. Mit einem großen Fest zum 30-jährigen Bestehen feiert der Verein nun sein Jubiläum. Anlass für eine Bilanz: Unsere Redakteurin Petra Martin sprach mit Heidi Schmieding, seit neun Jahren im Vorstand und seit sechs Vorsitzende der Schopfheimer Ortsgruppe.

Frau Schmieding, 30 Jahre Kinderschutzbund - vor was oder vor wem schützen Sie die Kinder?

Wir versuchen, ein Umfeld für die Kinder zu schaffen, in dem ihnen nichts passiert. Das tun wir mit Prävention, indem wir Eltern und Großeltern stärken, indem wir uns für eine finanzielle Versorgung einsetzen, durch die die Grundsicherung in einem vernünftigen Rahmen gewährleistet ist, und wir sind mit der „Nummer gegen Kummer“ Ansprechpartner für Sorgen und Nöte.

Wir gehen in Familien, in denen belastende Situationen entstanden sind, und helfen mit Familienpaten. Wir bilden Tagesmütter aus. Wir stärken die Familien.

Und wir haben ein offenes Ohr für die Nöte der Kinder, die sich an uns wenden, die sich auch anonym an uns wenden können. Zudem helfen wir Familien, mit den vom Staat angebotenen Hilfssystemen klarzukommen.

War das schon so bei der Gründung vor 30 Jahren, worum ging es Mitte der 80er Jahre?

Damals ging es an erster Stelle um den Einsatz in Familien, um diesen beratend, unterstützend und aufbauend beizustehen, um damit Not und Leid von Kindern abzuwenden. An zweiter Stelle stand die spontane Hilfeleistung bei Wohn-, Schul- und Geldproblemen. Auch Tempo 30 war schon ein Thema. Fest steht: Seit der Gründungsphase haben wir uns stark professionalisiert.

Können Sie das näher beschreiben?

Wir arbeiten ausschließlich mit von uns ausgebildeten Ehrenamtlichen, die während ihrer Arbeit immer professionell von Hauptamtlichen betreut werden.

Bei uns gilt das Vier-Augen-Prinzip, denn vier Augen sehen einfach mehr als zwei. Wir supervidieren, motivieren und beobachten uns gegenseitig, und jeder muss sich per Prinzip in seine Arbeit ‘reinschauen lassen. Das hört sich vielleicht nach Kontrolle im Sinne einer Überwachung an, ist es aber nicht. Es geht darum, Fehler zu vermeiden. Wenn zum Beispiel eine Patin in eine Familie geht, dann geht auch der Projektleiter oder die Projektleiterin regelmäßig dorthin. Unsere Hauptamtlichen sind alle entweder ausgebildete Psychologen, Soziologen oder Sozialfachwirte.

Das Angebot des Kinderschutzbunds wurde seit der Gründung stark erweitert?

Ganz neu sind vor vier Jahren die Familienpaten dazugekommen, seit einem Jahr bieten wir Trauerbegleitung von Kindern und Jugendlichen an. Von Anfang an mit dabei waren die „Nummer gegen Kummer“ und die Hausaufgabenbetreuung.

Wächst der Bedarf also?

Die Nachfrage nach unseren Angeboten ist sehr unterschiedlich. Für die „Starke Eltern - starke Kinder“-Kurse hatten wir vor 20 Jahren lange Wartelisten, heute haben wir manchmal Mühe, diese Kurse zu füllen. Es gibt immer mehr stärkende und entlastende Angebote und die Ganztagskindergärten und -schulen.

Bei der „Nummer gegen Kummer“ beobachten wir eine Verlagerung hin zum E-Mail, da bei den Kindern ein Medienwechsel stattfindet. Da haben wir insgesamt mehr Kontakte, aber nicht unbedingt mehr am Telefon.

Am 8. Juni hält der Kinderschutzbund seine Generalversammlung ab. Welche Bilanz werden Sie ziehen?

Dass wir außerordentlich zufrieden sind. Als zuverlässiger, kompetenter, wertschätzender und niederschwelliger Partner im Landkreis von Familien wahrgenommen zu werden, ist das Wichtigste.

In all den Jahren hat der Kinderschutzbund auch manche Turbulenz überstehen müssen - personeller und finanzieller Art. Wie ist es zu erklären, dass er alle Krisen stets gemeistert hat?

Weil die Grundidee einfach richtig und gut ist. Damit kann man Menschen für die Vorstands- und Mitarbeit begeistern. Wir haben die Ortsgruppe 2006 damals quasi ohne Ressourcen übernommen und mussten blitzartig Spenden und Gelder von den Trägern akquirieren.

Dank fantastischer Spender und guter Partner im Landkreis ist uns das gelungen. Seitdem führt die Entwicklung bergauf, unser Angebot steigt von Jahr zu Jahr, unsere Finanzen sind stabil.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigt die Ortsgruppe? Sind das alles ehrenamtlich Tätige?

88 Mitarbeitende, davon sind 59 Ehrenamtliche, 29 werden bezahlt. Dazu kommen aktuell 48 Tagesmütter, die insgesamt 108 Kinder betreuen. Der Ortsgruppe gehören 180 Mitglieder an.

Diese Zahl stagniert leider seit zehn Jahren.

Wir brauchen aber Menschen, die hinter uns stehen, damit wir auch politisch ein größeres Gewicht haben. Wir sind bundesweit 50 000 Kinderschützer, der Tierschutzverein hat 800 000 Mitglieder.

Wie finanziert sich die Arbeit der Ortsgruppe?

Durch Spenden, Mitgliedsbeiträge sowie Landkreis- und Landesmittel.

Bitte ergänzen Sie folgenden Satz: Der Kinderschutzbund ist nicht mehr wegzudenken, weil...

.... er ein stabiler und zuverlässiger Partner in der Jugendhilfe ist. Ohne ihn gäbe es in Schopfheim eine offene Tür für Kinder und Familien weniger. Und die würde fehlen.

Das Jubiläumsfest findet am Freitag, 12. Juni, um 15 Uhr im evangelischen Gemeindehaus statt. Grußworte sprechen Landrätin Marion Dammann, Bürgermeister Christof Nitz und der Präsident des Bundesverbandes deutscher Kinderschutzbund, Heinz Hilgers. Weitere Programmpunkte sind Aufführungen der Theater-AG der Friedrich-Ebert-Schule, der „Rope Skipping“- Gruppe des TV Fahrnau und von „Pfeils Puppenspielbühne“. Vor dem Gemeindehaus steht der Spielbusanhänger bereit. Besucher können sich über die Arbeit des Kinderschutzbunds informieren. Für Snacks sorgt die Familie Berberich vom „Metropole“.

u Wer sich an den Kinderschutzbund wenden will: Von Montag bis Freitag, jeweils von 9 bis 12 Uhr, steht die Tür offen (Wehrer Straße 9, Tel. 07622 / 639 29). E-Mail: info@kinderschutzbund-schopfheim.de.

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