Kreis Lörrach Zwischen Angst und Perspektiven

Die Oberbadische
Nebija Nasu aus Serbien kümmerte sich gestern um die Wäsche, als Sozialbetreuer Simon Geiger und Heimleiterin Ulrike Krämer die Dekanin Bärbel Schäfer (Kirchenbezirk Markgräflerland), die stellvertretende Geschäftsführerin des Diakonischen Werks, Karin Racke, und Projektmitarbeiterin Marita Bonaventura (von links) durch die Lörracher Gemeinschaftsunterkunft führten. Foto: Marco Fraune Foto: Die Oberbadische

Asylbewerber sollen in Arbeitsmarkt integriert werden / Kirchliches Engagement für Flüchtlinge

Von Marco Fraune

Kreis Lörrach. Die Kirche sieht sich beim Engagement für Flüchtlinge im Landkreis Lörrach mit in der Pflicht. Neben einer damit einhergehenden deutlichen Aufstockung der Migrations- und Flüchtlingsarbeit gibt es auch Mittel vom Europäischen Sozialfonds (ESF), mit denen die Integration von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt im Dreiländereck voran getrieben werden soll. In der Lörracher Gemeinschaftsunterkunft zeichneten die Heimleiterin und der Sozialbetreuer gestern zudem ein facettenreiches Bild von den Aufgaben, aber auch von den Erwartungen und Sorgen.

Ein Besuch in der Gemeinschaftsunterkunft in Lörrach und eine Stippvisite in Efringen-Kirchen zeigen auf, wie unterschiedlich die Unterbringung im Landkreis Lörrach sein kann. Während im Rebland die Asylbewerber weit entfernt von der Ortsmitte sich lediglich an der Landschaft erfreuen können, ist an der Gretherstraße die räumliche Einbindung in das soziale Leben mitten in der Stadt kaum noch zu steigern. Im Gebäude der städtischen Wohnbau gibt es zudem 23 separate Wohnungen für die seit gestern mit 102 Flüchtlingen voll belegten Unterkunft, während die neu ankommenden Flüchtlinge in Efringen-Kirchen in der Notunterkunft in beengten Zelten schlafen müssen. Bei ihrem ersten Besuch bewertete Dekanin Bärbel Schäfer die Lörracher Gemeinschaftsunterkunft denn auch als „gut geführte und interessante Einrichtung“.

Zugleich wollte sie sich gemeinsam mit der stellvertretenden Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes, Karin Racke, ein Bild von der Flüchtlingssituation machen. Schließlich ist auch die Kirche an der Betreuung der Flüchtlinge beteiligt. Von einem auf bald zehn Mitarbeiter habe man im Bereich Migration und Flüchtlingsarbeit die Personalressourcen verstärkt, erklärte Racke. Weiterhin sei man auf der Suche nach qualifiziertem Personal. „Als Träger will man gute Sozialarbeit leisten.“ Zugleich müssten die Sozialarbeiter darauf achten, die Schicksale nicht zu nah an sich herankommen zu lassen. „Sonst hält das eine Person nicht lange aus“, weiß Krämer um die Fluchtgeschichten und um die Sorgen der Asylbewerber. „Die Leute leben in Angst.“ Auch für die Ehrenamtlichen gelte es, sich nicht herunterziehen zu lassen.

In der Lörracher Gemeinschaftsunterkunft kommen Menschen aus verschiedenen Staaten zusammen, wie Nigeria, Gambia, Syrien, Serbien, Algerien und weiteren. Der Bildungshintergrund reicht vom Analphabeten über den Handwerker bis zum Lehrer. Nach drei Monaten in Deutschland dürfen die Flüchtlinge dann eine Beschäftigung aufnehmen. 14 Bewohner der Unterkunft befinden sich bereits im festen Arbeitsmarkt.

Damit es hier und im gesamten Landkreis noch mehr werden, hat Marita Bonaventura in dieser Woche ihre Arbeit aufgenommen. Seit Jahren im Bereich Beruf und Ausbildung aktiv, will sie im Rahmen eines ESF-Projekts Unterstützungen bei Bewerbungen und dem Arbeitsverfahren liefern sowie Perspektiven entwickeln. Schließlich bestünden vielfach falsche Vorstellungen von der Arbeitswelt.

Dabei wird in sechs Stufen vorgegangen: Erreichung eines gewissen Sprachniveaus, Arbeitsgelegenheit in der Gemeinschaftsunterkunft, Erfassung der Grundkenntnisse, Weiterleitung in das ESF-Büro von Bonaventura, zweimonatige Einarbeitungsphase bei den Lörracher Beschäftigungsträger (PVD, SAK, BBV, BBQ) und Heranführung an den ersten Arbeitsmarkt. „Bisher hatten wir nicht genug Zeit, uns intensiv darum zu kümmern“, setzt Krämer auf die neue Unterstützung. Neben der Eigeninitiative ist aber auch die Nationalität nicht unerheblich, weiß sie um die geringen Chancen der Menschen aus dem Westbalkan, in Deutschland bleiben zu können. „Der Fokus liegt auf Personen mit Bleibeperspektive.“ Dies gilt auch für die Beratung zu den Asylverfahren und die Aufbereitung der Fluchthintergründe, für die Sozialbetreuer Simon Geiger in der Gemeinschaftsunterkunft zuständig ist. „Man muss Prioritäten setzen.“ Besonders, da durch den hohen Anteil von Alleinstehenden mehr Verfahren anstehen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird sich auf den Weg nach Lörrach machen. Anfang Oktober sollen hier 350 bis 400 Erstanträge ausgefüllt werden. Das hat die Leiterin der Lörracher Gemeinschaftsunterkunft, Ulrike Krämer, gestern angekündigt. Sie wertet dies als „gutes Signal“. Bislang mussten sich Flüchtlinge nach Karlsruhe aufmachen, um ihren Antrag zu stellen, woran auch im Dreiländereck Kritik laut wurde.

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