Kultur Frappierend flinke Fingerfertigkeit

Die Oberbadische
Melanie Barth bei ihrem Gastkonzert im „Theater im Hof“ in Kandern-Riedlingen. Foto: Walter Bronner Foto: Die Oberbadische

Melanie Barth brillierte mit Referenzstücken und Improvisationen auf dem Akkordeon im „Theater im Hof“

Von Walter Bronner

Kandern-Riedlingen. Das Akkordeon, das kulturell gebildete Stände einst als „Quetschkommode“ und „sozialistischen Klangerzeuger“ gering schätzten, kann sehr wohl auch mit den Qualitäten eines Konzertinstruments auftrumpfen. Gelingt es doch versierten Handorgel-Solisten und ambitionierten Harmonika-Orchestern längst und immer häufiger, ihr Lieblingsinstrument mit Erfolg aus den miefigen Winkeln der Seeleute-Sehnsüchte, des karnevalesken Lustigkeits-Gruppenzwangs und des ausgelassenem Hudigägeler-Frohlockens alpenländischen Biedersinns zu befreien.

Melanie Barth etwa, die am Wochenende unter dem ausladenden Blätterdach der alten Kastanie im Riedlinger „Theater im Hof“ gastierte, entlockte ihrem Akkordeon einen Klangzauber, der die große Zuhörergemeinde in geradezu schwelgerische Stimmung versetzte. Und das mit einer Art gehobener konzertanter Folklore, die sich über weite Strecken in den eleganten Triolen und dem süffigen melodischen Sound französischer Musette-Leichtigkeit erging.

Besonders aber die Abstecher in die Klangbezirke der „Musette Neuve“, in denen sich traditionelle Musette-Weisen mit Elementen des Jazz in vollendeter Harmonie vereinen, gerieten zu fesselnden Hörgenüssen. Etwa Richard Gallianos „Tango pour claude“, dem wohl bedeutendsten Referenzstück dieses Musikstils. Oder den beiden Schmankerln aus Yann Tiersens preisgekrönter Musik zum Film „Die fabelhafte Welt der Amelie“.

Kontrastiert wurde solch melodische und klangliche Eleganz durch die rauere Rhythmik und komplexe Harmonik der Musik Astor Piazzollas, dem die Musikerin mit den unverwüstlichen Standards „Libertango“, „Oblivion“ und „Tanguango“ optimal huldigte. Ebenso Eric Satie, dem eigenwilligen französischen Klangmagier der klassischen Moderne, mit zweien seiner auf altgriechische Traditionen anspielenden „Gnossiennes“. Deren ursprüngliche Klavierfassung transkribierte Melanie Barth für ihr Instrument geradezu perfekt.

Wie denn ihr Spiel überhaupt durch frappierend flinke Fingerfertigkeit auf den Tastenskalen des Akkordeons einen faszinierenden Anblick zum klangsinnlichen Erlebnis bot. Nicht zuletzt demonstrierte sie diese stupende Spieltechnik mit lustvoll-professioneller Experimentierfreude in etlichen eigenen Improvisationen.

Die stürmisch erbettelte Zugabe war ebenfalls ein Standardwerk des Musette-Genres aus den 1950er-Jahren: Antonio „Tony“ Murénas gemeinsam mit Joseph Colombos kreierter Evergreen „Indifférence“.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading