Sie selbst zweifellos noch mehr als viele andere.
Ich bin manchmal vielleicht noch ein bisschen mutiger, weil ich einfach alles mache, was ich mir so vorstellen kann. Für mich gab es nie Tabus – etwa jetzt noch einmal ein viertes Kind: Da hätte jede Frau gesagt „Bin ich denn wahnsinnig“ – ich habe es einfach gemacht. Und so habe ich im Leben immer relativ angstlos die Herausforderung gesucht – und da ich keinen habe, der mir da reinredet, konnte ich diesen Intuitionen auch immer folgen.
Dennoch erstaunt es den Außenstehenden ja schon: Ich selbst schwächle bereits mit 50 und einem Kind gelegentlich – wie schaffen Sie das mit vier Kindern?
Wenn die jetzt alle klein wären, würde ich es auch nicht schaffen, dann wäre ich im Sanatorium (lacht). Aber die zwei großen sind ja in der Uni – die zwei kleinen sind schon hart, aber ich bin jetzt beim vierten Kind sehr gut organisiert: Ich habe ein Au Pair für den Zehnjährigen und eine super Nanny für den Kleinen, mein Mann hilft mit, die großen Kinder auch – der Laden läuft einfach.
Und Sie finden da auch noch Zeit für sich?
Wenn ich auf Tour bin, dann habe ich auch Zeit, ein Buch und Zeitung zu lesen oder einen Film zu gucken. Insofern ist diese Balance von Familien- und Musikleben eigentlich ideal, denn ich muss schon mal die Tür zumachen und sagen können: Jetzt nehme ich mir mal Zeit für mich.
Zuhause gelingt Ihnen das also trotz aller perfekter Organisation dann doch nicht?
Nein, diesen Luxus habe ich eigentlich nur auf Tour. Obwohl ich mir nun ein schönes Arbeitszimmer oben auf dem Dach eingerichtet habe, wohin ich dann auch am Tag mal entfliehen kann – aber gerade den Kleinen herumzutragen, das ist ziemlich anstrengend: Da tut mir schon der Rücken weh, das muss ich zugeben. (lacht)
Eine Lady mit Rückenschmerzen also – sehen Sie sich selbst eigentlich auch als Lady, wie es in dem genannten Buchtitel assoziiert wird?
Lady? Doch, ich denke schon, dass ich eine Lady bin, da ich auch Respekt und Anerkennung verlange, eine gewisse Stärke und Würde wie auch einen gewissen Stil repräsentiere – so als Lady, das finde ich schon nett.
Gehört zu einer Lady auch Noblesse?
Nein, das glaube ich eigentlich nicht, denn Noblesse oblige – und ich fühle mich zu nichts verpflichtet. Gerade das ist ja auch das, was mir in New York so gut gefällt, so dass ich dort überhaupt keine Form von Snobismus oder einem übersteigerten Selbstbewusstsein entwickle: Da ist alles so relaxt, und es ist auch völlig egal, wie alt jemand ist.
Ich weiß, dass man eine Lady nicht auf das Alter anspricht…
…das ist ja bekannt …
…und von daher sei auch die Frage erlaubt: Wie sind Sie seinerzeit Ihrem 50. Geburtstag begegnet?
Tja… eigentlich mit Erstaunen: Das gibt es doch nicht, dass ich schon 50 bin! Wie ist denn das passiert? Wo sind die letzten zehn Jahre hingegangen – ich bin doch gestern erst 40 geworden, heute werde ich 50… Gut, es ist einiges passiert: Im Prinzip fühle ich mich heute künstlerisch besser und freier…
…abgesehen von den Rückenschmerzen…
…ja, nur der Körper ist etwas müder als mit 40, das muss ich schon zugeben. Aber ansonsten lodert das innere Licht, die Flamme genauso stark wie mit 35 – ich weiß nicht, wo die Jahre geblieben sind. Ich fühle mich überhaupt nicht wie 53, das ist für mich eine unrealistische Zahl, das kann nicht sein: Da muss ich mich verrechnet haben.
Ute Lemper und das Vogler Quartett: „Paris Days, Berlin Nights“, Mittwoch, 5. Oktober, 20 Uhr, im Burghof Lörrach, www.burghof.com