In unserer Sommerserie stellen Kulturschaffende aus der Region Bücher vor, die ihnen am Herzen liegen. Im vierten Teil empfiehlt Markus Moehring „Industriekultur beider Basel“ von Hans-Peter Bärtschi.

Lörrach. Der Sommer lädt dazu ein, auch die eigene Region neu zu entdecken. Spannende Anregungen dazu gibt Hans-Peter Bärtschi in einem Taschenbuch zu den beiden Basler Kantonen mit dem Untertitel: „Unterwegs zu 333 Schauplätzen des produktiven Schaffens“. Da wird deutlich, dass unsere Region mehr zu bieten hat als mittelalterliche Burgen und Städtchen, Berge und Wälder, Reben und Felder. Auch die Industriekultur gehört zum Dreiland: Hier entstand eine der ältesten Industrieregionen auf dem europäischen Kontinent, als das Ruhrgebiet noch überwiegend von Landwirtschaft geprägt war.

Auf sieben Routen führt uns Bärtschi zu lohnenden Zielen der Industriekultur in und um Basel, gibt Hintergrundinformationen und öffnet den Blick auf Dinge, die viele von uns bisher vielleicht kaum, jedenfalls viel zu wenig beachtet haben. Alte Fabriken gehören dazu ebenso wie Fabrikantenvillen und historische Arbeitersiedlungen, Hafen- oder Gleisanlagen oder erste Kraftwerke.

Fabrikantenvillen  und historische Arbeitersiedlungen

 Die Route 3 führt vom Badischen Bahnhof auch nach Lörrach und ins Wiesental. Hier erläutert Bärtschi beispielsweise, dass militärisch-strategische Überlegungen zum Bau des Eisenbahntunnels zwischen Lörrach und Weil geführt haben und empfiehlt das Dreiländermuseum mit seiner industriegeschichtlichen Sammlung als Ankerpunkt dieser Route.

In Kontakt mit dem Autor kam ich schon vor einigen Jahren. Wir waren damals dabei, das Projekt Industriekultur vorzubereiten mit der großen Sonderausstellung, die aktuell im Dreiländermuseum zu sehen ist. Bärtschi wiederum dokumentiert systematisch die Industriekultur der Schweizer Kantone und beschäftigte sich gerade mit der Region Basel. Sein umfassendes Wissen und Engagement hat mich von Anfang an beeindruckt. Deshalb gelang ihm auch ein Buch mit spannenden Informationen, wie man sie nirgendwo sonst in so kompakter Form findet.

Das Buch ist 270 Seiten stark und reich bebildert. Dennoch ist es als handliches Taschenbuch gestaltet, damit man es auch gut unterwegs dabei haben kann. Das Buch bietet Hintergrundinformationen ebenso wie praktische Tipps und empfiehlt: „Die eindrücklichen Industrielandschaften erkundet man mit dem Schiff, auf den Schienen und zu Fuß“.
Erkundungen mit dem Schiff, auf Schienen  und zu Fuß

Das Buch in einem Rutsch durchzulesen, erfordert allerdings viel Konzentration. Mir geht es eher so, dass ich es immer wieder zur Hand nehme – besonders wenn ich über einen möglichen Ausflug nachdenke. Dann komme ich ins Lesen und erfahre viel Neues über eine Region, von der ich geglaubt habe, dass ich sie bereits gut kenne.

Wer also offen ist, nicht nur Rebberge und Fachwerkhäuser, sondern auch die Industriekultur als ein reiches historisches Erbe unserer Gegend zu entdecken, den wird Bärtschis Buch mit viel Gewinn über einen längeren Zeitraum begleiten. 

„Industriekultur beider Basel“. Rotpunktverlag Zürich 2014;  28,50 Euro, erhältlich im Buchhandel und im Dreiländermuseum

Hans-Peter Bärtschi: Geboren 1950 in Zürich, arbeitet als Architekt und Wirtschaftshistoriker. 1979 gründete er das Institut Arias-Industriekultur, das sich auf Dokumentation und Erhaltung des industriellen Erbes spezialisiert hat. Zahlreiche Publikationen. 2008 Auszeichnung mit dem Kulturpreis der Stadt Winterthur, die aus dem ehemaligen Fabrikgelände von Sulzer ein neues Stadtquartier mit alten Industriegebäuden entwickelte.