Kultur Wortspieler aus Leidenschaft

Die Oberbadische
Willy Astor führt sein Publikum gerne ein bissl in die Irre Foto:                                       zVg/Hagen Schnauss Foto: Die Oberbadische

Interview: Kabarettist Willy Astor über Inspirationen, seine Liebe zur Sprache und zur Musik

Regio. Stark verschnupft, dennoch freundlich und konzentriert, so meldete sich Kabarettist Willy Astor am Telefon. Und im Laufe des netten Gesprächs lässt er sich weder vom schreienden Säugling, noch vom Zweitjüngsten, der im Hintergrund einen Kinderpunsch einfordert, irritieren. „Bei uns ist halt immer was los“, kommentiert der 56-jährige Musiker und Kabarettist die kleinen Gesprächsunterbrechungen.

Astor tritt im April gleich mehrfach in der Regio auf: in Basel, Schopfheim und Müllheim. Die Fragen stellte ihm Gabriele Hauger.

Frage: Wer 30 Jahre lang die Kunst des Wortspiels zelebriert, muss die Sprache, das Deutsche, doch sehr lieben. Woher kommt diese Liebe?

Gute Frage. Ich hatte anfangs gar keine so große Wortaffinität, sondern einfach nur Lust, die Menschen zum Lachen zu bringen. Bis ich einen Auftrag zum 50. Geburtstag eines Geschäftsführers einer Zigarettenfirma bekam. Ich sollte ein Stück schreiben, das mit Rauchen zu tun hat. Daraufhin habe ich mich mit Zigarettensorten auseinandergesetzt und bin dabei auf ein paar lustige Wortspiele gestoßen, die sich daraus ergeben. Beim Publikum war das ein so durchschlagender Erfolg, dass ich das zum Charakter meines Kabaretts machen wollte.

Außerdem hat es mir schon immer Spaß gemacht, die Leute ein bissl in die Irre zu führen und auf eine falsche Fährte zu locken. Es ist schön, wenn die Zuschauer eine halbe Sekunde überlegen müssen, bis sie über die Pointe lachen. Ein Verzögerungseffekt, der Humor produziert.

Frage: In Ihren Programmen muss man hellwach bleiben, ebenso Sie als Protagonist. Wie oft müssen Sie üben, dass Ihnen nicht selbst ein Sprachverdreher passiert?

Das ist schon Hochleistungssport, die Zuhörer bis 23 Uhr zu unterhalten.

Ich bin von Natur aus allerdings eher ein fauler Einüber und froh, wenn ich alles geschrieben habe und glaube, dass es gut passt. Schließlich habe ich keinen Ghostwriter, sondern schreibe alle Texte selber. Bis ich das ganze Programm richtig flüssig vortragen kann, dauert’s. Da hilft am Anfang das Ablesen. Das tut dem Abend aber keinen Abbruch.

Frage: Feilen Sie lange an Ihren Texten?

Mit der Zeit wird man schon heikel und eitel, und will nur das Beste abliefern, versucht zu optimieren. Deshalb gibt es vor jeder neuen Premiere schon auch Ängste und Zweifel. Ich denke aber, das gehört zum Künstlerdasein dazu.

Frage: Der Dialekt spielt in Ihren kabarettistischen Sprachkreationen auch eine Rolle, macht manche Wortspiele erst möglich. Eignet sich das Bayrische besonders gut?

Auf jeden Fall. Das Bayrische ist ja ein sehr reicher Dialekt. Wenn ich mir allein das Wort „Guatemala“ anschaue: klar, ein Staat in Mittelamerika. Aber Dali und Picasso waren eben auch „guate Mala“. Sowas geht halt nur auf Bayrisch.

Frage: Woher kommen nach 30 Jahren noch die neuen Ideen? Wer inspiriert Sie?

Meine Kinder sind jetzt grade in einer Phase, in der sie sehr witzige und ungeahnt intelligente Dinge von sich geben. Mein ältester Sohn fragte mich beispielsweise jüngst: „Gell, Papa, der liebe Gott kennt die letzte Zahl von der Unendlichkeit?“ Auf so was kommt kein Erwachsener.

Aber natürlich bin ich gerade jetzt wieder auf der Suche nach Ideen und Szenen, da ja im Herbst bereits ein neues Programm erscheint. Meine Herangehensweise ist übrigens ganz „old school“. Ich laufe noch mit Ideenbüchern durch die Gegend, notiere mir Inspirierendes. Ich schreibe übrigens auch noch Postkarten. Das finde ich im übrigen sexy an meinem Beruf: Dass mein Job nicht aus der digitalen Welt besteht. Ich finde es substanziell schön, etwas altmodisch daher zukommen: Wenn mein Text erst mal mit der Hand auf einem Papier entsteht. Natürlich nehme ich dann später einen Computer, um das zu verfeinern.

Frage: Sie kommen jetzt in die Regio: Schopfheim, Basel, Müllheim. Welche Themenkomplexe erwartet das Publikum in Ihrem neuen Programm „Reim Time“?

Das ist eine Mischung aus Musik-Kabarett – sozusagen Akkord-Arbeit – und wortspielgeballter Sprache. Ich habe keinen roten Faden in meinem Programm, sondern es wechseln alle drei Minuten die Nummern. Ich mag das sehr gerne, weil das sehr kurzweilig ist. Es ist überwiegend sinnfrei, trotzdem versuche ich, intelligente Komik zu machen, die nicht billig daher kommt. Klar arbeite ich mit Kalauern, aber mit intelligenten. Manchmal muss man einfach mit einer Zote um die Ecke biegen. Das gehört genauso zum Besteck eines Komödianten wie Ernsthaftigkeit.

„Reim Time" reicht von der Problematik eines Produzierenden bis hin zu einem Senioren-Medley, in dem die Schwierigkeiten des Altseins in 15 Kurzlieder gepackt sind. Man muss auch die Dinge humorvoll betrachten, die eigentlich furchtbar sind. Es gibt also viel Wortspiel, viele Gedichte. Ich bin von Haus aus ein leidenschaftlicher Reimer. Wer auf so was steht und Heinz Erhardt schätzt, der ist bei mir richtig.

Frage: Kann man sich mit Ihnen – außer im Interview – ganz normal unterhalten, oder rutscht Ihnen ganz automatisch immer wieder ein Wortspiel heraus?

Also privat bin ich lustig. Aber mit Gewalt den Komiker rauskehren, wäre doch eine schreckliche Attitüde. Die Leute wissen ja, was man beruflich macht. Da muss man sich nicht noch im Privaten produzieren. Es kann natürlich schon passieren, dass einem mal was rausrutscht, je nachdem wie man drauf ist. Begegnungen insgesamt inspirieren mich. Denn die Menschen haben ja ganz unterschiedliche Denkansätze und Sprechweisen. Wenn ich aus dem Haus gehe, sind meine Antennen stets ausgefahren. Man kann da schlecht abschalten, das ist wohl eine Berufskrankheit.

Frage: Neben Ihrem Gitarrenalbum, sind Sie auch Liedermacher. Was hat Priorität?

Das sind alles meine Babies. Es wäre schwierig, sich da entscheiden zu müssen. Ich habe schon öfter überlegt: Soll ich jetzt zum seriösen Liedermacher werden? Wenn ich mit der Band unterwegs bin, lockt mich das schon. Ich könnte aber keine Seite loslassen. Als Künstler diese Variabilität zu haben und sie dem Publikum zeigen zu können, das ist natürlich eine Genugtuung für mich.

Nehmen Sie musikalischerseits mein Album „The Sound of Islands“. Das spart mir Besuche beim Psychoanalytiker. Das ist Seelenbalsam: Musik zu schreiben, die vorher noch nicht da war, die aber Sehnsucht ausdrückt. Ich mache das, was raus muss. Und grundsätzlich möchte ich zeigen, was ich kann. Auch Dinge, die die Leute überraschen. Ich spiele ja am Ende jedes Komödianten-Programms ein, zwei Lieder und ein Gitarrenstück. Viele finden das besonders schön und erstaunlich.

Frage: Sie haben vier Kinder. Würden Sie denen empfehlen, auf die Bühne zu gehen?

In die Fußstapfen künstlerischer Eltern zu treten, geht ja bekanntlich ziemlich oft in die Hose. Du wirst immer an deren Erfolg gemessen. Ich hätte gerne, dass meine Kinder zunächst mal einen Beruf erlernen, am liebsten was Handwerkliches. Das hat doch eine starke Erdung. Ich möchte sie in jedem Fall dazu ermutigen, etwas Sinnvolles zu tun und sich nicht auf der Kohle ihrer Eltern auszuruhen.

  Willy Astor mit „Reim Time“: Donnerstag, 12. April, um 20 Uhr im Bürgerhaus, Müllheim; Sonntag, 15. April, um 19 Uhr, Stadthalle Schopfheim

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