Von Willi Vogl Lörrach. 2025 sollen die ersten vier Menschen, zwei Frauen und zwei Männer in sieben bis zehn Monaten zum Mars fliegen. Ein Rückflug ist aus Kostengründen nicht möglich. Das reale Mars-One-Projekt des niederländischen Unternehmers Bas Landsdorp erfuhr in Lörrach eine theatrale Umsetzung. Petra Jeroma, eine ehemalige Spielerin des Jungen Theaters Lörrach und fünf ihrer Kommilitonen des Studienganges Kulturwissenschaft und Ästhetische Praxis in Hildesheim gastierten mit „One Way Ticket – Die Reise zu einem selbstgemachten Planeten“ im SAK Altes Wasserwerk. Die angehenden Theaterpädagogen entwickelten ihr Stück 2013 zusammen mit Schülern. Grundlagen waren die realen Fakten um Bas Landorps Reiseplanung, sein mediales Verwertungspotenzial und die individuellen Lebensgeschichten der sechs Darsteller. In einer Mischung aus geprobten und improvisierten Modulen kreiste ihr Spiel vor allem um Fragestellungen wie: „Würdest du auf den Mars fliegen"“ oder „Was würdest du dort machen"“. Als weitere Vorlage dienten Fernsehformate wie „Big Brother“ und „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS). So beschrieben die Darsteller wechselseitig ihre fiktiven oder realen Charaktereigenschaften und äußerten Wünsche zu ihren Reisebegleitern. Das Publikum wurde in der Zuordnung zu den Darstellern in sechs verschiedenen Teams ebenfalls in den Nominierungsprozess mit einbezogen. Die Auswahlkriterien für die Kandidaten waren gute Englischkenntnisse, soziale Kompetenz, körperliche Fitness oder herausragende Intelligenz. In vielfältigen Spielszenen hatten sie die Möglichkeit, um die Gunst des Publikums zu werben. Da gab es vorproduzierte Bewerbungsvideos mit mehr oder weniger plausiblen aber begeisterungssprühenden Begründungen zur Kandidatur, einen Wettbewerb zur Simultanübersetzung eines reisebezogenen Textes ins Englische, das Partyspiel „Pflicht oder Wahrheit“ mit der obligaten Kussszene, die witzige Herstellung eines letztlich misslungenen Familienfotos als Reiseandenken, skurrile wissenschaftsbezogenen Erörterungen zur Temperaturentwicklung und zur Lebenserwartung auf dem Mars, Diskotanz zu stampfend verrauschtem Elektropop, einen Merktest zu Ziffernreihen oder Theresas kuriose Darstellung ihrer taff durchgestylten Lebensplanung. Sowohl die inhaltliche Ausrichtung als auch die flockig bewegungsdominierten Darstellungsmuster waren in erster Linie auf ein junges Publikum zugeschnitten. Das Ensemble streifte Fragen der technischen Umsetzung sowie ethische und psychologische Problemfelder. Die dargestellten Befindlichkeiten und Lebenswelten der Protagonisten waren zum Teil theatralisch überhöht und lieferten vor allem für die angepeilte Zielgruppe eine gute Identifikationsplattform. Möglicherweise hätte eine stärkere Zuspitzung der Statements zu noch größerer Intensität und nachhaltigerem Witz geführt. Auf alle Fälle lieferte das Stück einen amüsanten Denkanstoß, um sich auch mit der eigenen Kommunikations- und (Über)-lebensfähigkeit innerhalb begrenzter Populationen zu befassen. Nicht nur auf dem Mars.