Von Kristoff Meller

Die Stadt wird in diesem Jahr  voraussichtlich rund 300 Flüchtlinge für die Anschlussunterbringung zugewiesen bekommen. Ein große Herausforderung angesichts der prekären Lage auf dem Wohnungsmarkt. Denn  dort haben Flüchtlinge keine Chance, wie das Beispiel einer syrischen Familie zeigt, die eine ungewöhnliche Bleibe gefunden hat.

Lörrach. Tatjana und Michael Uhrmeister wohnen seit 1988 in einem Reihenhaus im Erlenweg unmittelbar an die Schweizer Grenze. Nachdem ihre fünf Kinder ausgezogen waren, vermieteten sie ein Zimmer  im Obergeschoss mit separatem Bad vorübergehend  an Studenten oder Praktikanten. Bis sie Mohammed Al Laham Karki und seinen mittlerweile 18-jährigen Sohn Ahmed kennenlernten.

Die beiden Syrer  sind im  September 2015 nach Deutschland gekommen und landeten im November 2015 in der Notunterkunft im Entenbad. Als diese im Frühjahr 2016 aufgelöst wurde, und die Bewohner auf den Landkreis verteilt werden sollten, suchte  die Lehrerin Regina Häger eine vorübergehende Bleibe für Vater und Sohn, damit Ahmed am Hans-Thoma-Gymnasium (HTG) bleiben konnte. Häger, die Ahmed an der Hellbergschule unterrichtet und ans HTG gebracht hatte, führte die Vier bei einem Tee zusammen, alles weitere ging „ganz reibungslos über die Bühne“, erinnert sich Tatjana Uhrmeister. „Wir wollten uns auf diese Art engagieren und jemand bei uns aufnehmen.“

Nur die Miete ist sicher

Im Nachhinein lief es fast zu reibungslos. Denn auf Nachfrage bei der Sozialbetreuung wurde nur bestätigt, dass  die Miete vom Jobcenter übernommen werde, dass die beiden Syrer sich damit offiziell bereits in der Anschlussunterbringung befinden, wurde ihnen nicht gesagt. „Da die  Familie eine Wohnung gefunden hat,  steht  sie nicht mehr auf der Liste der zu versorgenden Menschen“, bestätigte der Fachbereich Bürgerdienste auf Anfrage.

„Das war uns vorher nicht klar“, sagt Tatjana Uhrmeister. Die  Aufnahme  sei  wie bei den anderen Gästen nur „auf Zeit“ vorgesehen – bis sie eine eigene Wohnung finden. Die Suche verlief aber  sehr enttäuschend. Sämtliche Bewerbungen blieben ohne Reaktion (siehe separaten Artikel "Wenig Aussicht auf Erfolg").

Dabei gebe es einige passende Wohnungen in Lörrach. Selbst in der unmittelbaren Nachbarschaft steht ein Reihenhaus seit sechs Jahren leer, weiß Michael Uhrmeister. „Viele Eigentümer sind einfach zu unbeweglich oder haben Angst, an Flüchtlinge zu vermieten.“  

Rücksichtsvolle Mieter in beengten Verhältnissen

Also blieben Vater und Sohn im Obergeschoss wohnen, doch im Januar erfolgte der Familiennachzug der 16-jährigen Sujuod und ihrer Mutter Amira Ballish. Die Uhrmeisters räumten  ein zweites Zimmer frei. Aber zwei Familien unter einem Reihenhausdach? „Auf Dauer ist die Situation für beide Seiten unzumutbar“, erklärt Uhrmeister.

Ein Zimmer sei „kein Thema, aber wir vermieten ja nicht nur zwei davon, sondern die ganze Infrastruktur.“ Ihre Mieter seien zwar sehr rücksichtsvoll, wenn jedoch die Küche sechs statt drei Mal am Tag genutzt werde, man sich bei den Essenszeiten abstimmen müsse, oder wer wann seine  Wäsche wasche, sei das auf Dauer eine „ziemliche Einschränkung“. Zumal die eigenen Kinder nun nicht mehr  übernachten könnten und auch Familienfeste seien komplizierter.

Kein Job trotz erfolgreichem Sprachkurs

Dass die syrische Familie um Vater Mohammed   zeitnah eine eigene Wohnung finde, ist laut Uhrmeister „utopisch“.  Zumal  der gelernte Karosseriemechaniker trotz eines erfolgreichen B1-Sprachkurses bislang keinen Job sondern nur Praktika gefunden hat.

Wie es nun weitergehen soll?  Die Familien sind ratlos und fühlen sich von den Behörden im Stich gelassen:  „Es kümmert sich keiner“, beklagt Uhrmeister. Die Stadt betont hingegen, dass die zuständige Sozialarbeiterin der Diakonie mit der deutschen Familie  telefoniert  sowie „mehrere Kontakte zu der syrischen Familie“ gehabt habe. Das wird es in der Form aber bald nicht mehr geben, denn die Sozialbetreuung endet derzeit nach den ersten zwölf Monaten der Anschlussunterbringung. Für die Familie Al Laham Karki  ist es  im September soweit.