Die Reben von Winzer Karlheinz Ruser am Tüllinger Berg haben die Frostschäden im April besser weggesteckt als gedacht. Auch wenn viele der ersten Triebe erfroren sind, rechnet er dank eines Spitzensommers immerhin mit einem Gesamtertrag von rund 50 Prozent der üblichen Mengen. Mit der Weinlese will er Anfang September beginnen.

Von Kristoff Meller

Lörrach. „Es war ein sehr guter Sommer. Wir hatten zwar zwischenzeitlich sehr warmes Wetter, aber keine  zu langen Trockenphasen, so ging es immer voran, und  mittlerweile sind wir schon sehr weit bei der Reife“, sagt Ruser beim Rundgang durch die Reben.

Der einzige hauptberufliche Lörracher Winzer besitzt seit Jahrzehnten rund 5,2 Hektar Rebstöcke am Tüllinger Berg. So eine  Nacht wie vom 19.  auf den 20. April hat er jedoch noch nie erlebt: „Wir hatten ja schon öfters Frostschäden im Frühjahr oder wie im letzten Jahr Probleme mit Hagel, aber so großflächige Schäden gab’s noch nie. 70 bis 80 Prozent der ersten Triebe auf Lörracher Seite sind erfroren, auf Weiler Gemarkung waren sogar fast alle braun“, sagte er damals im Gespräch mit unserer Zeitung. Besonders stark in Mitleidenschaft gezogen wurden laut dem Rebobmann der Interessengemeinschaft Weinbau Tüllingen die tieferen Lagen Richtung Stetten und Riehen.

Burgunder-Sorten haben Frost besser verkraftet als Gutedel und Chardonnay

Gut vier Monate später jedoch hängen dank gut entwickelter Nebentriebe an vielen Rebstöcken ordentliche Traubenmengen. Es gibt aber auch Lücken: Die Burgunder-Sorten   haben den Frost deutlich besser verkraftet als  Gutedel oder Chardonnay. „Der Grauburgunder ist relativ stabil gegen Frost“, erklärt der Experte.

Vor allem beim Weißburgunder rechnet er je nach Lage teilweise mit normalen Ertragsmengen oder zumindest rund 80 Prozent. Verwundert hat ihn die Entwicklung beim Lemberger: „Da gab es zunächst viele Fehlstellen, aber es ist doch noch einiges gekommen.“

Im Gesamtschnitt dürfte es aber trotz bester Bedingungen über weite Strecken des Sommers deutlich magerer als 2016  aussehen: „Wenn wir insgesamt 50 Prozent erreichen, ist das gut“, sagt Ruser.

Denn gerade  die Trauben für den Gutedel hängen vor allem in den tieferen Lagen des Tüllingers nur sehr spärlich an den Rebstöcken, und diese sind zudem besonders bei Wespen beliebt, die derzeit ebenfalls an vielen Trauben zu sehen sind. Wenn diese die Früchte aufgebissen haben, freuen sich auch die Bienen über die süße Nahrung.

Qualität statt Quantität beim Jahrgang 2017

Ruser nimmt’s gelassen: „Wir leben damit, nicht immer den vollen Ertrag zu haben. Und wenn das Wetter die nächsten Tage weiter mitspielt und wir die Lese gut heimbringen, ist das Jahr trotzdem noch ok.“

Qualitativ werde der Jahrgang 2017 nämlich voraussichtlich sehr gut: „Wir haben relativ kompakte, satte Trauben.“ In den vergangenen Tagen war der Winzer schon früh morgens im Weinberg, um entsprechende Proben des Mostgehalts zu holen.

Etwa um den 4. September herum will er dann mit der Weinlese beginnen und die Grundweine für den Sekt herbsten. Denn diese könnten schon morgen einen Wert von 72 Oechsle  erreichen. „Mehr als 80 bis 82 Oechsle sollten sie nicht haben, sonst wird der Sekt zu stark. In der übernächsten Woche werden wir darum auf jeden Fall anfangen.“

Das Herbsten dauert laut Ruser bei normalem Ertrag rund 12 bis 16 Tage. Je nach Wetter und Reifegrad wird dabei normalerweise an drei bis fünf Tagen pro Woche im Weinberg gelesen. Bei der ein oder anderen Rebsorte überlegt Ruser jedoch in diesem Jahr, nicht alle Trauben in einem Durchgang zu ernten: „Eventuell müssen wir zweimal durch, weil die Unterschiede bei der Reife recht groß sind.“