Lörrach. Über die Auswirkungen der beiden Pflegestärkungsgesetze informierten sich der Bundestagsabgeordnete Armin Schuster und CDU-Gesundheitspolitikerin Karin Maag im Seniorenzentrum St. Fridolin. Nach mehrjähriger Diskussion verabschiedete die Bundesregierung Mitte August das zweite Pflegestärkungsgesetz. Die Pflegeversicherung wird damit umfassend modernisiert. Fünf Pflegegrade ersetzen die bisher gültigen drei Pflegestufen, erläuterte Gesundheitspolitikerin Karin Maag. Dafür wird ein neues Begutachtungssystem eingeführt und neu definiert, wer pflegebedürftig ist. Die Leistungen werden ab 2017 erhöht, ebenso der Beitrag um 0,2 Prozentpunkte, so Maag. Das St. Josefshaus Herten sei seiner Zeit meist voraus, stellte Schuster den Träger von St. Fridolin vor: eine Regionalisierung der Standorte erfolge schon seit längerem, auch sei die Inklusionsthematik frühzeitig aufgegriffen worden. Die Vorgabe des Landesheimgesetzes, zukünftig nur noch Einzelzimmer anzubieten, stelle die Einrichtungen allerdings vor massive Probleme, monierte der Regionalleiter Altenhilfe im St. Josefshaus und Leiter des Seniorenzentrums St. Fridolin, Patrick Ball. Allein für die Versorgungsregion Lörrach entstehe durch den Abbau der Doppelzimmer ein Bedarf von rund 160 Plätzen. Generell sei anzumerken, dass sich der Grundsatz „ambulant vor stationär“ nicht an den tatsächlichen Bedürfnissen des Betroffenen orientiere. Vielmehr sollte man von angemessenen Wohnformen sprechen. Dies könne im Einzelfall das eigene Zuhause, die ambulant betreute Wohnform oder eben eine stationäre Pflegeeinrichtung sein. Im Alltag belastend für die Pflegekräfte seien die immensen Dokumentationspflichten, berichtete Pflegedienstleiterin Mirjam Ganter. Das Benotungssystem verfehle das ursprüngliche Ziel von Qualitätssicherung und Transparenz, daher dokumentiere man eher zu viel. Die Zeller Heimleiterin Nicole Brutschin sah das bisherige System von Misstrauen geprägt. Tatsächlich sollen die Dokumentationspflicht umgestellt werden, so Maag. Nur noch Abweichungen von der Vorgabe müssen dokumentiert werden und nicht mehr deren Erfüllung. Nach Erfahrung von Schuster versuche man im Gesundheits- und Pflegebereich immer noch Qualität eher zu „erprüfen“ Ziel müsse es vielmehr werden, die Qualitätsfähigkeit eines Sozialdienstleisters umfassend zu bewerten. Nachwuchsgewinnung bleibe ein Thema für die Seniorenheime, betonte Ball. Die benachbarte Schweiz locke mit deutlich besserer Bezahlung und einer stärkeren Personaldecke. Die Abwanderung sei für die Träger besonders ärgerlich, wenn man zuvor in die Ausbildung investiert habe. CDU-Stadtrat Xaver Glattacker schätzte, dass kürzere Arbeitswege und kürzere Arbeitszeiten etliche Pflegekräfte zur Rückkehr nach Deutschland bewegen würden. Ganter appellierte an die Politik, mit einer größeren Personalstärke die Attraktivität des Pflegeberufs zu steigern. Ein weiteres Puzzleteil könnte ein teilweise akademischer Zugang zum Pflegeberuf sein. Wünschenswert sei ein Ausbildungsangebot in der Region, so Ball. Die DHBW Lörrach habe bereits Grundüberlegungen angestellt, der erhoffte Studiengang sei bislang aber noch nicht eingerichtet worden. Studieninteressierte müssten daher nach Freiburg oder in die Schweiz ausweichen, was häufig einen dauerhaften Wegzug mit sich bringe.