Lörrach Bruckner – wohin man schaut

Die Oberbadische
Das Bundesjugendorchester legte sich schon bei der offenen Einspiel-Probe, an der 150 Schüler zuhören durften, mächtig ins Zeug. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Das Bundesjugendorchester im Lörracher Burghof / Großer Andrang schon bei der öffentlichen Probe

Von Jürgen Scharf Lörrach. Was für ein Zufall! Da spielt das Bundesjugendorchester im Burghof Bruckner und am selben Abend gastieren die Wiener Philharmoniker in Basel – ebenfalls mit Bruckner. Natürlich wollen wir hier nicht ein Jugendorchester, und sei es noch so herausragend wie das BJO, mit einem Berufsorchester und schon gar nicht mit den Wienern vergleichen. Während jene ihren Bruckner auswendig kennen, hat Deutschlands jüngstes Spitzenorchester dessen fünfte Sinfonie zum ersten Mal in seiner über 40-jährigen Geschichte aufgeführt.

Die 14- bis 19-jährigen Bruckner-„Einsteiger“ hatten bei der Ersteigung des sinfonischen Riesengebirges Durchhaltevermögen. Das Maskottchen an der Rampe, aber mehr noch der vital dirigierende Lothar Zagrosek brachte ihnen Glück. Der sehr agile 71-Jährige springt mit dynamischer Spannkraft aufs Dirigentenpodium und lässt den erstklassigen Klangkörper einen Bruckner der hohen Orchesterqualität demonstrieren. Ob mächtige Steigerungswellen, hymnische Streicher oder choralartige Blechbläsersätze, ob monumentale Tutti-Gipfel, das kontrastreiche Scherzo oder das gewaltige Finale mit seinen musikalischen Entladungen – die hochbegabten Jungmusiker aus der ganzen Republik erweisen sich als Gipfelstürmer und erklimmen das sinfonische Gipfelwerk mit jugendlichem Elan.

Sie haben die Puste für diese weit über einstündige Fünfte, und wenn sie auf dem sinfonischen Gipfel stehen und das krönende Choralthema erklingt, ist das klangliche Resultat überwältigend. Das tiefe Blech glänzt mit Prägnanz und Präsenz, die Holzbläser beeindrucken mit plastischer Klangformung, die Kontrabässe legen sich ins Zeug und dem Paukisten sieht man die Lust bei den Schlägen an, wenn ihm auch im Überschwang am Schluss beim Paukenwirbel der Schlegel aus der Hand rutscht – aber das ist halt live!

Das Ergebnis konnte sich hören lassen: eine spannungsreiche und straffe Interpretation in bewegten Tempi, ein Bruckner in entfettetem Klang, ohne Pathos und Weihrauch, aber doch mit religiöser Grundierung. Für sein Projekt hat das Nachwuchsorchester eine Verbindung zwischen Anton Bruckner und Olivier Messiaen gesucht, diese in der Religiosität beider gefunden und in den programmatischen Titel „Ornat und Ornithologie“ gekleidet.

Von Messiaen, der bekanntlich ein großer Vogelkundler war, hörte man zu Beginn Vogelmusik. Dazu passt eine kleine Fußnote: Das spanische Klassikmagazin Mundoglasico hatte jüngst gemeldet, die „Union Ornithologique de France“ habe beantragt, einen Teil der Tantiemen zu erhalten, die für Aufführungen von Messiaens „Catalogue des Oiseaux“ anfallen – natürlich eine Zeitungsente mit den Vögeln…

In Lörrach wären auch nicht so viele Tantiemen angefallen, denn die japanische Pianistin Momo Kodama, eine ausgewiesene Messiaen-Spezialistin, die gerade eben eine CD mit Messiaen herausgebracht hat, spielt nur ein Solostück aus dem Vogelkatalog, den „Steinschmätzer“, mit glitzerndem Diskant und vielen Sprüngen. Daran schließt sich ohne Pause eine Vogelgezwitscher-Klangcollage im O-Ton an. Einzelne Bläser treten spielend auf der Bühne hinzu und attacca beginnen die „Oiseaux exotiques“ für Klavier und Kammerorchester, ein Werk, das Pierre Boulez bei Messiaen, den er einmal als den „französischen Bruckner“ bezeichnet hat, in Auftrag gab.

Kodama holt die Klangporträts der exotischen Vögel in exakter Brennschärfe aus den Tasten. Ob man nun die 48 Vogellaute in den Instrumenten auseinander halten konnte, darf bezweifelt werden, aber es ist schon eine spannende Klangwelt, diese von effektvollem Schlagwerk begleiteten instrumentierten Vogelstimmen im Orchester singen und tirilieren zu hören – ein richtiges Vogelkonzert!

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