Von Anja Bertsch
Lörrach. Zum Finale der Stimmen-Marktplatzkonzerte hatten die Festivalmacher für den Sonntag ein dickes Musikpaket aus gleich drei Bands geschnürt. Vor allem Max Mutzke – Hotzenwälder mit internationaler Erfahrung – schuf zum Final-Finale grandiose Stimmung unterm Festivalvolk. Zuvor hatten die Bands „Mockemalör“ um Magdalena Ganter – Berlinerin mit Schwarzwälder Wurzeln – und Y’akoto – deutsche Sängerin mit ghanaischen Wurzeln – ihren Auftritt.

Den ungewöhnlich frühen Einstieg ins ausgiebige Konzertgeschehen macht das Trio „Mockemalör“ mit einer ganz eigenen Mischung aus Elektropop, Chanson-Einsprengseln und Neue-Deutsche-Welle-Anleihen. Das Publikum ist um diese Zeit noch eher licht, ein wenig sonnenträge, und vielleicht fremdelt es zunächst auch ein wenig mit der schrägen Show, die das Trio da von den Berliner Szene-Clubs auf den Marktplatz bringt.

Drummer Martin Bach hatte gleich eingangs verbal die schräge Tonlage angestimmt, auf der sich Band und Publikum für die kommende halbe Stunde einschwingen sollten. Seine verschleppten Beats und die wabernden Keyboard-Sounds von Simon Steger rollen den urbanen Klangteppich aus, auf dem Frontfrau Magdalena Ganter ihr Akkordeon-Spiel platziert, vor allem aber ihre exaltierte Performance zelebriert.

Ihre Stimme changiert zwischen Sprechgesang und schrill-überzeichneten Hochfrequenz-Passagen, im Gesicht zeichnet sich mal das augenrollende Drama ab und mal die unschuldige Lieb-Kind-Attitüde, während die schrägen deutschen Texte einen Hauch von Ahnung von Irgendwas in die Sphäre schicken: „Das ist der Hund – er frisst den Sinn“, verkündet ein brandaktueller Mockemalör-Titel in diesem Sinne ganz große Band-Wahrheiten.

Eine ganz andere Tonlage schlägt die Deutsch-Ghanaerin Y’akoto an: Eine große Soul-Stimme mit voller, warmer Mitte, zart und zerbrechlich im oberen Bereich; eine vierköpfige Band mit Rhythmus im Blut; ein Programm, das mit „Don′t call“, „Diamonds“ (BB), „Moving“ , „Talk to me“ oder „Tobo Darling“ – sämtlich Stücken aus eigener Feder – mal die Retro-Soul-Schiene bespielt, mal angepoppten R’n’B auf die Ohren gibt: gefühlvoll und oft mit melancholischem Einschlag. Eigentlich alles gut. Und doch springt der Funke nicht so recht über, oder doch erst ganz am Ende des Auftrittes.

Zwar beschwört die Musikerin mit Worten die Tiefe und das Echte ihrer Musik und das Authentische ihrer Person: „Ich kann nur Y’akoto sein“. Sie versucht, Nähe und Wärme zum Publikum zu produzieren, weist das schnöde Entertainen von sich. Um so erstaunlicher der Kontrast zur eigentümlich unterkühlten Atmosphäre, die den Auftritt ummantelt.

Mit Max Mutzke steuert der Abend im Turbo auf einen anderhalbstündigen Höhepunkt zu: Mit einer grandios groovenden Band im Rücken, seiner markanter Soulstimme on top und absoluter Bühnenpräsenz in jedem tänzelnden Schritt und in jedem schmunzelnden Wort bahnt sich der 35-Jährige den direkten Weg zu seinem Publikum. Der Ex-Waldshuter macht das gut mit dieser Mischung aus verschmitzt-bodenständigem „Bueb vo do“, der mit breitem Grinsen immer mal wieder ins breite Hotzenalemanische verfällt, und coolem Gentleman im Oldschool-Stil – Buntfalten, Hosenträger, Schiebermütze. Zusammen gibt das ein so sympathisches wie souveränes Auftreten, das den direkten Draht zum Publikum spannt.

Mit seiner energiegeladenen Performance peitscht Max Mutzke die Stimmung im Publikum so schnell hoch, dass darob beinahe der vorzeitige Abbruch droht: „Was soll denn jetzt noch kommen"!“, zeigt er sich selbst völlig beseelt von der Dynamik, die dieses Heimspiel entfaltet: „Das ist zu Hause!“ Geht dann aber doch weiter, das Konzert, und alles andere wäre auch schade: Immerhin hat es lange genug gedauert, bis es zu diesem eigentlich naheliegenden (Luftlinie Lörrach Marktplatz – Waldshut: 20 Kilometer) Stimmen-Auftritt kam: An die 15 Jahre ist Max Mutzke im professionellen Musikmetier unterwegs. Der Nummer 1-Hit „Can’t Wait Until Tonight“ mitsamt Grandprix-Teilnahme stammen aus dem Jahr 2004.

Mit „Welt hinter Glas“, „Magisch“, „Schwarz auf weiß“, „Ich ohne dich“ oder „Laut“ spielt der Künstler ausnahmslos eigene Stücke, viele davon aus seinem neuen Album „Max“ – ein bisschen Pop, ordentlich Funk und viel Soul mit bei, mal mit deutschen, mal mit englischen Texten. In jedem dieser Stücke gibt es eine Passage, einen Refrain, den sich die Zuhörer im Nu aneignen, um fortan die Backgroundvocals zu geben; tanzen ist eh.

Über das gnadenlos rhythmische Fundament der Band „monoPunk“ (Danny Samar – Bass; Tobias Held – Drums; Maik Schott – Keyboards und Justin Balk – Gitarre) legt Mutzke seine so markante, so ausdrucksstarke Soul-Stimme und zieht jedes Stück zum leidenschaftlichen musikalischen Showdown hoch.

Mitreißende 90 Minuten geht das so, dann stört die Nachtruhe mit ihrem Punkt 23-Uhr-Termin: „Es nervt mich, dass wir jetzt schon fertig sind“, flucht Mutzke am Ende in völlig glaubhaftem Ärger. Dem großen Rest auf dem Marktplatz geht es fraglos ganz genau so.

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