Lörrach Delikat und verinnerlicht

Die Oberbadische
Jacques Zoon (v. l.), Kristian Bezuidenhout und Gottfried von der Goltz berühren mit delikater Spielweise. Foto: Willi Vogl Foto: Die Oberbadische

Berliner Barock Solisten mit Kristian Bezuidenhout, Jacques Zoon und Gottfried von der Goltz im Burghof

Von Willi Vogl

Lörrach. Im Jahr 1995 von Mitgliedern der Berliner Philharmoniker gegründet, gehören die Berliner Barock Solisten zu den derzeit interessantesten Ensembles im Bereich barocker Musik. Hier verbindet sich allein auf Grund der Orchesterzugehörigkeit spielerische Brillanz auf höchstem Niveau mit einem breiten Blick auf historisch lebendige Aufführungspraxis. Zudem erhält das Ensemble seit 2010 mit wechselnder künstlerischen Leitungen automatisch eine beständige musikalische Blutauffrischung.

Im jüngsten Konzert im Burghof hatte der Barockgeiger und Leiter des Freiburger Barockorchesters, Gottfried von der Goltz, den Part des tonangebenden Konzertmeisters inne. Auf dem Programm standen ausschließlich Werke von Johann Sebastian Bach und seinem Sohn Carl Philipp Emanuel.

Kristian Bezuidenhout, der Solist von Carl Philipp Emanuel Bachs Konzert C-Dur WQ 20, zielte bei der Verwendung eines Hammerklaviers auf maximalen Gleichklang und bestmögliche Balance mit dem begleitenden Ensemble. Kammermusikalisch apart und ausgewogen gesellte sich der obertonreiche, leise und dennoch gesangliche Klang des zierlichen Instruments zum feinen darmbesaiteten Streicherklang des Berliner Ensembles. Darmseiten klingen grundsätzlich leiser als die Stahlsaiten der modernen Geige. Im Falle der Berliner klangen sie besonders leise und waren bei langen Tönen zudem mit süßer Schärfe gewürzt. Dennoch entwickelten Solist und Ensemble innerhalb der gewählten dynamischen Bandbreite eine Fülle von Klangfarben.

Von kernig bis zärtlich

Mal kernig und robust und im nächsten Moment wieder jenseitig zärtlich. Im Adagio vernahm man nachdrücklich sprechende Vorhalte und im Allegro assai brillierte Bezuidenhout mit quirligem Figurenwerk, dass – anders als bisweilen bei pedalverwässernden modernen Flügeln – nicht im Klangstrudel ersoff. Die enorm schnellen Tempi verhinderte in keinem Moment allzeit vitale Plastizität.

Jacques Zoon ist ein Wanderer zwischen den Klangwelten moderner Metallflöten und seiner hölzernen Vorläufer. Als ehemaliger Soloflötist etwa des Boston Symphony Orchestras ist er sowohl mit den auf äußerste Brillanz fokussierten Klang der modernen Flöte als auch mit der warmen Intimität einer Traversflöte vertraut. Im Andante von Carl Philipp Emanuel Bachs Konzert d-Moll WQ 22 gelangten so mit enormer klanglicher und melodiöser Fantasie auch schlichte Harmoniefolgen weit über eine belanglose Nettigkeit hinaus. Äußerst kurzweilig gestaltete sich auch der Wechsel zwischen den nie mechanisch wirkenden Doppelzungenpassagen und schmachtend gesungenen Dissonanzen im Finalsatz.

Geheimnisvoller Fluss

Nach der Symphonie in h-Moll WQ 182 Nr. 5 kam mit dem „Ricercare a 6“ aus dem „Musikalischem Opfer“ Vater Bach zum Zug. Noch mehr als in den Werken des Sohnes spürte man hier die Notwendigkeit, jedem Motiv, jeder Phrase eine Richtung zu geben und damit dem geheimnisvollen Fluss kompositorischer Erfindung nachzuspüren.

Im ausladenden Konzert für Flöte, Violine und Cembalo von Johann Sebastian Bach schließlich erreichte der außergewöhnliche Abend den absoluten dynamischen Tiefpunkt – ein Tiefpunkt, der eigentlich zu einem Höhepunkt hätte werden können. Im rein solistischen Gewebe des Adagios zeigten Zonn, von der Goltz und Bezuidenhout zwar in beständiger Rückkopplung mit den Partnern enorme gestalterische Fantasie, jedoch wollten weder dieser Satz noch der polyfon äußerst verdichtete Finalsatz so richtig zünden. An der delikaten Spielweise lag es nicht. Jedoch dürften nicht nur Senioren ab der zehnten Sitzreihe das Problem gehabt haben, diese Spielweise auch angemessen wahrzunehmen. Das äußerte sich an dem dieses Mal nicht frenetischen sondern – analog zur Musik – verinnerlichten Schlussapplaus.

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