Lörrach Der Junge, der in der Zeit feststeckt

Die Oberbadische
Authentisch, ehrlich: Malky mit Sänger Daniel Stoyanov.  Foto: Dorothee Philipp Foto: Die Oberbadische

Guter musikalischer Wurf: Malky mit Daniel Stoyanov / Wie vom Dämon besessen: Sandra Nkakés erster Deutschland-Auftritt

Von Dorothee Philipp

Lörrach. Einen Abend voller Kontraste bot der vorletzte Abend des Stimmen-Festivals im Lörracher Rosenfelspark. Fans von Neuentdeckungen kamen voll auf ihre Kosten. Malky, fünf Jungs aus Leipzig mit ihrem Frontmann Daniel Stoyanov, eroberten die Herzen im Sturm mit ihrem sympathischen, schlichten Auftritt, der ganz auf qualitätvolle Musik ausgerichtet war: Songs ohne überflüssigen Schnickschnack, mit eigener Handschrift und authentischen Gefühlen.

Auch wenn Keyboarder Jakob Unger sein Instrument hin und wieder auf spezielle Raffinessen (durchdringende Panflöten-Klänge gleich zu Beginn) testete, gehörte die Bühne doch dem Sänger Daniel Stoyanov, dessen Stimme einen erstaunlichen Umfang und ein sehr schönes Altus-Timbre hat, das er gerne einsetzt und das seinen Liedern etwas Zartes, Verletzliches gibt.

Experimentieren die Lieder des Debut-Albums noch mit Klangeffekten und Stil, scheinen die Malkys inzwischen zu einer klaren Handschrift gefunden zu haben - weniger ist mehr, zumal der Stoff der Songs und die Arrangements für sich sprechen. Rührend das Bemühen um Nähe zum Publikum, immer wieder steigt Stoyanov die Stufen herunter bis zur Absperrung, die Fans kommen dichter ran, die Vibrations sind Freundschaft und relaxte Sympathie.

„Beautiful Vacation“ trifft mit seinen Bildern vom Kindheitserlebnis am Schwarzen

Meer, der Heimat Stoyanovs, genau den Ton, den die Fans der „Stimmen“ so mögen: Direkt, persönlich, authentisch und handwerklich professionell. Mit „Stuck in Time“ gelingt eine schöne entspannte Nummer, die dem Programm von „Malky“ entspricht: Der kleine Junge, der in der Zeit feststeckt.

Ein guter Wurf ist Malky mit „Liquor Man“ gelungen, eine Hommage an den „frightening Saint“, der fasziniert und ängstigt. Der Gesang mutiert in ein verstörendes Growling, doch bleibt ein Funken augenzwinkernder Humor erhalten, wenn Stoyanov am Ende den Mikroständer auf den Boden legt und ein Kreuzzeichen schlägt. Verträumt geht es zu bei „Diamonds“, Stoyanov steht einfach da und singt, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. „There is not much left to say...“. Oh doch, man möchte der Truppe noch viele gute Ideen und viele Alben wünschen!

Eine absolute Deutschland-Premiere war der Auftritt von Sandra Nkaké, in Frankreich lebender Sängerin mit kamerunischen Wurzeln. Die besinnlichen Töne, die sie laut Ankündigung auch drauf hat, hatte sie zu Hause gelassen, stattdessen erlebte das Publikum einen regelrechten Orkan an Temperament, Energie und höllisch guter Musik.

Nkaké hat eine betörende, voluminöse Stimme mit dunklem Timbre und eine schier unglaubliche Bühnenpräsenz: Obwohl sie einen Arm im Gips hat, hindert sie das nicht am vollen Körpereinsatz, und der Gips fällt nach wenigen Minuten niemandem mehr auf. „Seid stolz auf das, was ihr seid“, schreit sie in die Menge, das elektrisiert und mobilisiert, im Nu ist der Platz vor der Bühne gerammelt voll mit Leuten, die es ohne Bewegung nicht mehr aushalten. Bei „Buffalo“ entfesselt sie die reinste Stampede, rollt die Augen, scharrt mit den „Hufen“ und springt zwischen ihren Musikern umher wie vom Dämon besessen. Mit einer heftig guten Performance geht sie an das Thema der Lügengeschichten (lie conversation, blabla bla), die sich Erwachsene tagein tagaus erzählen, das personifizierte böse Gewissen, das in gellendes Höllengelächter ausbrechen kann.

Einen guten Teil an der heißen Bühnenshow hat auch Flötist Jerome Dru, der seinem Instrument hysterische Triller und unheimliche Eulenlaute entlockt und als kreativer Vokalpartner eine ebenbürtige Figur abgibt. Er kann auch gleichzeitig Flöte spielen, singen und tanzen, was für eine Show! „Riot!“ - mit diesem finalen Schrei endet der Song „about going togehter“, der wie ein Erdbeben anrollt und in wilden Wirbeln das „you are stronger togehter“ beschwört. Zum Glück ohne Folgen, diese Stimme hätte die Macht, Massen zu mobilisieren, zu was auch immer! „Mach deinen Kopf frei, und der Rest wird folgen“ ist die Message, die Sandra Nkaké immer wieder ins Volk wirft.

Das Publikum ist hin und weg, kann die Augen nicht von der Bühne lassen, lässt sich mitnehmen von den Stürmen, die von dort aus durch den Park peitschen. Was für eine phantastische Nacht!

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