Von Kristoff Meller
Lörrach. Defekte Heizungen, Wasser im Keller und kein Licht im Treppenhaus: Die Zustände in den beiden Hochhäusern im Schützenwaldweg werden immer katastrophaler, doch die Hausverwaltung reagiert nicht auf Anfragen der Mieter und der Eigentümer ist nur schwer auszumachen.

Von der Decke im Kellerraum des Hauses Nummer 14 tropft es, auf dem Betonboden befinden sich große Pfützen und  gleich in mehreren Kellerteilen haben sich Umzugskisten bereits mit Wasser  vollgesogen. Das gleiche Bild im Heizungsraum. Hier steht das Wasser rund um den Kessel. „Die Leute gehen zum Teil gar nicht mehr in den Keller“, erzählt Sybille Hofmann. Sie ist im Schützenwaldweg groß geworden, hat zugeschaut, wie die beiden markanten Gebäude in die Höhe wuchsen und wohnt seit den 1990ern im 14er-Haus: „Es ist schlimm, wenn man sieht, wie jetzt der Zerfall voranschreitet.“
 
Angefangen hat das Dilemma, als die britische Investitionsgesellschaft „Speymill“ mit Sitz auf der Isle of Man die Gebäude Ende 2006 erwarb. Im Jahr 2011 geriet diese  in die Insolvenz, die Schützenwaldhäuser gehörten inzwischen jedoch  der Berliner Tochterfirma „Goal“. Als Hausverwaltung ist  die Firma „Peloton“ in Berlin zuständig, die eng mit Speymill und Goal verbunden ist. Peloton-Chef Andrew Wallis war bis 2006 bei Speymill und wurde laut Firmen-Homepage 2007 Geschäftsführer des Tochterunternehmens Goal.
 
Die Kontaktaufnahme zu Peloton gestaltet sich schwierig, das Telefon ist ständig besetzt oder der Hörer wird erst gar nicht abgenommen. Kein Einzelfall wie die Recherche bei anderen Zeitungen zeigt. Die Probleme von Mietern mit Peloton und Speymill finden sich in ganz Deutschland.  

„Auch mein Anwalt bekommt keine Antwort“, sagt Peter Schmider, ehemaliger Bürgermeister von Fischingen und Mieter im 10er-Haus. Es fehle zudem ein Hausmeister vor Ort, „der nach dem Rechten“ schaue. Die  Lörracher Firma Scheuermann kümmere sich lediglich um die Sauberkeit ums Haus. Im Inneren herrschen laut Schmider hingegen „teils grausame Zustände“.

Nach dem Einbau von Brandschutztüren im vergangenen Jahr funktioniert bis heute die Beleuchtung im gesamten Treppenhaus – der einzige Fluchtweg im Brandfall – nicht mehr. Gleichzeitig brennt die Außenbeleuchtung seit Juli ununterbrochen und lässt sich nicht ausschalten. In den vergangenen Jahren fehlte außerdem mehrfach das Heizöl, weil die Hinweise des Scheuermann-Mitarbeiters  nicht bei der richtigen Person angekommen seien oder wohl gerade kein Geld für Heizöl vorhanden gewesen sei.  
 
„Es ist ein Skandal“
 
„Es ist ein Skandal, was da abläuft“, findet  Heinz Wizemann, Vorsitzender des  Mieterbunds Lörrach. Wie viele Bewohner Mitglied im Mieterbund sind, konnte er gestern  nicht sagen. Generell sei es jedoch selbst für die Anwälte des Mieterbunds schwer, bei solch komplizierten Eigentümerverhältnissen etwas für die Mitglieder zu bewirken.  
 
„Bei einer entspannteren Situation auf dem  Wohnungsmarkt wäre der Druck auf den Eigentümer schon längst größer, weil die Mieter flüchten würden“, vermutet Thomas Nostadt, Geschäftsführer  der  Lörracher Wohnbau. Diese hatte bereits im Winter 2014 Interesse an den  Häusern bekundet, als diese für vier Millionen Euro zum Verkauf standen (wir berichteten).

Es sei jedoch „sehr mühsam gewesen“, so Nostadt, überhaupt Kontakt zu knüpfen. Schlussendlich habe man ihm mitgeteilt, dass bereits ein Käufer gefunden sei. Nostadt: „Es besteht überhaupt kein Interesse, das Objekt an einen seriösen Käufer zu veräußern.“

Häuser werden heruntergewirtschaftet
 
Ähnlich erging es der Südwert Wohnungsprivatisierungsgesellschaft aus  Bietigheim-Bissingen. Diese war vor dem Verkauf an   Speymill  bereits einmal Eigentümer der Immobilie und bekundete  2014  ebenfalls Interesse. „Wir haben die Gebäude besichtigt, aber seit Januar nichts mehr gehört“, erklärte Geschäftsführer Dieter Schwahn gestern im Gespräch mit unserer Zeitung. Auch für Schwahn ist es „nicht nachvollziehbar“, wieso die Häuser so heruntergewirtschaftet werden.
 
Immerhin wurde am Dienstag nach mehrmaliger Nachfrage von Peter Schmider der Brenner der Heizung ausgetauscht, so dass es in den Wohnungen nun wieder warm werde. Das gilt jedoch nur für Haus Nummer zehn, im Nachbargebäude streikt die Heizung derzeit komplett, wie Sybille Hofmann erklärt. Auch ihre betagten Eltern leben in der elften Etage des Hauses. Falls die Heizung nicht bald repariert werde, wird sie Hofmann in ihrer Ferienwohnung im Schwarzwald einquartieren.
 
Solche Möglichkeiten hat die vierköpfige Migrantenfamilie aus dem Nachbarhaus nicht. Aus Angst vor einer Kündigung und weil sie auf dem Lörracher Wohnungsmarkt keine Chance habe, möchte sie ihren Namen nicht in der Zeitung lesen. Die Mutter von zwei Kindern zeigt jedoch Fotos, welche die Zustände in ihrer Wohnung dokumentieren.

„Das Schlaf- und das Kinderzimmer sind total verschimmelt. Wir haben das nicht sofort gemerkt, erst als unsere Kinder ständig gehustet haben, obwohl sie keine Erkältung hatten, sind wir zum Arzt.“ Dieser hatte schnell einen Verdacht: „Hinter der  Tapete  war alles schwarz“, erzählt sie. Nun nehmen beide ein Mittel gegen Reizhusten, die Zimmer wurden leer geräumt und die Möbel entsorgt.
 
Kinder husten wegen Schimmel
 
Da klingt es fast wie eine Lappalie, dass die Familie, die vor gut einem Jahr eingezogen ist, bis heute keinen Schlüssel für den Briefkasten erhalten hat und den Boiler zur Wassererhitzung in ihrer Wohnung selbst bezahlen soll.

Auch sie hat mehrfach versucht, mit Peloton Kontakt aufzunehmen, mit wenig Erfolg: „Die Zimmer sollten im August gemacht werden, bis jetzt ist nichts passiert.“ Nun hat sie sich wie so viele Mieter einen Anwalt gesucht. Doch erst die fünfte Lörracher Kanzlei bei der sie vorstellig wurde, habe beim Wort „Peloton“ nicht abgewunken.