Lörrach Die Freiheit zu wählen, wie man sein möchte

Die Oberbadische
Improvisieren, diskutieren und in eine Form bringen: Die Eigenproduktion von Tempus fugit bietet den Darstellern Martin Kilwing und Edwin Engeser eine Plattform dafür. Foto: Ursula König Foto: Die Oberbadische

Theater: Tempus fugit öffnet Bühne für zwei Solodarsteller mit Down-Syndrom

Von Ursula König

Lörrach. „Dieses Blicken“ heißt das neue Stück von Tempus fugit, das ab dem 27. Mai auf die Bühne gebracht wird. Das Besondere daran: Es gibt nur zwei Darsteller und beide sind Träger des Down-Syndroms, also Menschen mit Trisomie 21. Ein Probenbesuch im Vorfeld zeigt, dass die Darsteller persönliche Erfahrungen experimentell und künstlerisch verarbeiten.

Qualitäten als Entertainer und Liedermacher

Inklusion gehört zum Konzept des Freien Theaters. Dass zwei Menschen mit Handicap allein ein Stück bestreiten, zeigt allerdings auch auf, dass Tempus fugit immer wieder bereit ist, neue Wege zu gehen. Martin Kilwing (32) bringt vielfältige Schauspielerfahrungen mit. Er hat schon mit Meret Becker in Berlin produziert, wie er erzählt. Edwin Engesers Leidenschaft ist neben der Schauspielerei das Kochen. Derzeit macht der 22-Jährige bei Tempus fugit eine Ausbildung zum „Theaterkoch“, in Kooperation mit der Pestalozzi Schule.

Die beiden Schauspieler ergänzen sich ziemlich gut. Kilwing bringt Qualitäten als Entertainer mit ein, zeigt seine Stärke als Liedermacher mit dem Stück „Sommermädchen“ und kennt die Aufregung vor dem Auftritt. Für Engeser scheint das Wort „Lampenfieber“ ein Fremdwort zu sein. Die beiden Mitglieder des Spielzeitteams zeigen mit der Eigenproduktion Einblick in ihre Welt und thematisieren, was es bedeutet, sich den Blicken anderer auszusetzen. Sie greifen auf ein Spektrum an Erfahrungen zurück, das sich zwischen Wertschätzung und Verurteilung bewegt.

Das Stück handelt davon, wie die beiden Protagonisten die Bühne eines ehemaligen Theaters für sich entdecken. Da sie sich die Zuschauer vorstellen, bleibt ihnen die Freiheit, sich ungezwungen auszudrücken und auszuprobieren, was sie einem realen Publikum zeigen würden.

„Was möchte ich ausprobieren? Wie möchte ich gesehen werden? Wer möchte ich sein?“. Diesen Fragen gehen die beiden Darsteller in dem Stück nach. Unter der Regie von Benjamin Böcker und Anne Ehmke entwickelte sich durch Improvisieren mit selbstverfassten Texten und Musikwünschen sowie einigen Diskussionen seit Februar ein Stück, das den Darstellern viel Freiraum lässt und dem Zuschauer die Möglichkeit gibt, den Prozess des Entstehens nachzuvollziehen.

„Es war an der Zeit, etwas Experimentelles zu machen – die Bühne zu öffnen für Edwin und Martin“, erklärt der Theaterpädagoge Benjamin Böcker, zu dessen Schwerpunkten die Arbeit mit inklusiven Gruppen zählt. Eines wird während des Probenbesuchs deutlich: Mitleid wollen die beiden Darsteller nicht; viel eher möchten sie mit ihren Besonderheiten entdeckt werden.

  Aufführungen: Samstag, 27. Mai, 20 Uhr Premiere, Sonntag, 28. Mai, 20 Uhr, jeweils im neuen Theaterhaus, Mittwoch, 31. Mai, 20 Uhr, Bürgersaal Rheinfelden

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