Von Beatrice Ehrlich Lörrach-Brombach. Sieben Monate haben sie sich getroffen und sich intensiv auf den heutigen Abend vorbereitet. Die Arbeitsweise von Pilar Buira Ferré, die mit interessierten Laiendarstellern eine Tanzvorstellung erarbeitet, ist mittlerweile in Lörrach bekannt, dennoch sind die Anwesenden gespannt, was kommt. Denn jeder Jahrgang ist anders in dem über mehrere Jahre angelegten Projekts „In-Zeit-Sprung“. Und dann stehen sie alle auf der Bühne im Werkraum Schöpflin, die 20 Tänzer, in feierlichem, puren Weiß zunächst, konzentriert und ganz bei sich, dann finden in kleinen Episoden immer wieder neue Konstellationen von Tänzern zusammen: die beiden Männer zu einem faszinierenden Pas de Deux, in dessen Windungen und Hebungen sie sich momentweise sehr nahe kommen, eine Fünfergruppe als Tanzklasse, die anhand einiger einfacher Befehle – „Kneten“, „Loslassen“, „Feuer machen“, „erstarrte Hühner“ eine reizvolle, sehr dynamische Choreografie entwickelt, einen rhythmisch unterlegten Auftritt von fünf ausgelassen gehenden Mantelträgerinnen, von denen jede mit einem in kurzen Abständen wiederkehrenden „Tick“ – einem Geräusch oder einer fahrigen Geste – Akzente setzt. Die Zuschauer schmunzeln. Ob als Einzelner betrachtet oder in der Gruppe, jeder Tänzer entfaltet Präsenz und Ausstrahlung da, wo er gerade steht. Vielgestaltig wird hier vor Augen geführt, was der Begriff Ausdruckstanz bedeuten kann. Ein Höhepunkt ist der Auftritt einer Gruppe Frauen in Brautkleidern mit einer majestätisch, fast statuenhaft wirkenden Mutterbraut an der Spitze, ein Bild wie aus García Lorcas Frauen-Drama „Bernarda Albas Haus“. Deutlich wird hinter den dicken Stoffbahnen dieser schweren Kleider, dem verhaltenen Rascheln und den bedeutungsschweren Blicken die Erregung der Tänzerinnen spürbar, als trügen sie die Kleider verbotenerweise, wie in einem heimlichen Traum. Mit ihren Stücken gelingt es dieser auf Zeit zusammengeschweißten Truppe, bei den Zuschauern lebendige Assoziationen zu wecken, sie im Innersten zu berühren. Auch die Bühne und die Dekoration haben sie selbst erdacht und gebaut, großformatige, farbige Acrylbilder setzen sie zu wechselnden Hintergrundbildern zusammen. Am Ende der Veranstaltung folgte noch eine Gesprächsrunde, die Anwesenden konnten den Tänzern Fragen stellen. „Stimmt es, dass ihr gestern bis ein Uhr nachts geprobt habt"“ – Manche können es kaum glauben. Es ist interessant, zu hören, was die Teilnehmer fühlen, wie es ihnen ergangen ist. Das Lob an Buira Ferré, dass es ihr gelinge, die Schönheit jedes Einzelnen auf „fast magische Weise“ zum Blühen zu bringen. Jetzt rückt der Selbstfindungsprozess in den Fokus, der so ein „In-Zeit-Sprung“ immer auch ist. Vielleicht hat sich ja so der eine oder andere im Raum anstecken lassen, sich für einen kommenden „In-Zeit-Sprung“ zu bewerben, für die kommende Ausgabe werden übrigens noch zehn Männer ab 30 für eine reine Männergruppe gesucht. Andererseits ist das Gespräch aber auch überflüssig, denn wie eine Teilnehmerin treffend feststellt: „In der Bewegung können wir viel mehr ausdrücken als nur mit Worten“ – eben!