Wenn Stadtkirche, Burghof und Marktplatz zur Kulisse, Bänke, Blumenkübel und Stromkästen zur Bühne und Passanten unverhofft zu Schauspielern werden, dann ist meist die Jugendtheatergruppe des Freien Theaters Tempus fugit in der Innenstadt unterwegs. Lörrach (was). Das Ensemble zeigte die Eigenproduktion „Unser Lörrach: Eine wandernde Performance“. Am Freitag feierte das Stück Premiere und zog bei strahlendem Sonnenschein allerlei Blicke auf sich. Los ging es vor dem neuen Theaterhaus im Adlergässchen: Während die Zuschauer gespannt auf den Beginn der Aktion warteten, mischten sich die acht jungen Darsteller im Alter von 13 bis 19 Jahren unauffällig unter die Wartenden. Dann ein Recken hier, eine leichte Verbeugung dort, ein Zittern oder ein zielloses Starren und es wurde klar: Die Performance hat begonnen. Auf spielerische Art und Weise beschäftigten sich die Jugendlichen dabei mit den Themen „Heimat“, „Zugehörigkeit“ und „Alltag im Früher und Heute“ und ließen in ihrer Darbietung viel Raum für Interpretation. So erstarrten sie etwa andächtig vor der Skulptur „Existenzielle Not“ von Konrad Winzer neben der Stadtkirche, gaben in der Pyramide von Bruce Nauman Hinweise auf die Aktivitäten des Burghofs oder erinnerten am Marktplatz unter einer alten Werbung für Nähmaschinen an wirtschaftliche Veränderungen. Ein wichtiges Ausdrucksmittel neben Mimik und Gestik war das Tempo – agierten die Jungdarsteller doch an den einzelnen Stationen oftmals in Zeitlupe, während sie gleichzeitig von Schauplatz zu Schauplatz rannten. Jugendlicher Elan mischte sich mit Gemächlichkeit, Spiel und Spaß mit Ernsthaftigkeit. „Wie frei sind wir"“: Eine Frage, die die jungen Schauspieler sichtlich beschäftigte, so dass sie diese sogar im Verlauf der Aktion mit Kreide auf die Straße bannten. Überhaupt spielte Kreide eine wesentliche Rolle im Stück, wurde sie doch am letzten Halt der Theater-Wanderung, dem Alten Markt, zu dem Mittel mit dem Passanten plötzlich zu Darstellern mutierten: Ein Stück in die Hand gedrückt, konnten sich Klein und Groß auf den Plastersteinen kreativ austoben und so Teil der Performance werden. „Die experimentelle Kunstform war uns wichtig“, sagt Hanna-Laura Veit, die zusammen mit Pascale Becker bei dem Projekt im Rahmen des Programms „Jugend-Kultur-Werkstatt: Wir machen Kultur, wie sie uns gefällt!“ der Baden-Württemberg Stiftung Regie führte. Gestartet wurde dieses Ende vergangenen Jahres in Kooperation mit dem Lörracher Stadtjugendring. Ab Februar sei dann das Stück entstanden, das im Vorfeld der Premiere auch schon im öffentlichen Raum geprobt wurde. Um die Hemmschwelle dafür zu überwinden, habe die Gruppe spielerisch angefangen, erzählt Veit, und zum Beispiel am Alten Markt an der Litfaßsäule Verstecken gespielt. Einige Darsteller konnten dabei schon auf Erfahrung bei Tempus fugit zurück greifen, andere sind bei dem Projekt neu hinzu gekommen.