Lörrach Ein Aufbruch inmitten des Mangels

Die Oberbadische

Kurt Bischofberger, Chefarzt im Zentrum für Gynäkologie und Geburtshilfe am „Eli“, war auf medizinischem Einsatz im Südsudan

Von Kurt Bischofberger

Lörrach. Bereits von Anfang 1981 bis Ende 1983 war ich mit meiner Frau Ulrike Faißt-Bischofberger als Entwicklungshelfer mit dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED) in Maridi im Südsudan. Damals im Projekt „Primary Health Care“ sowie als Arzt und Krankenschwester am Maridi Civil Hospital.

Über AMREF (African Medical and Research Foundation) ergab sich die Möglichkeit, nach 30 Jahren zu einem erneuten Arbeitseinsatz, das heißt, zur Eröffnung einer neuen Entbindungsstation sowie zur medizinischen Starthilfe für diese Station nach Maridi zurückzukehren.

„Stand up for african mothers“ – Steht auf für afrikanische Mütter – ist seit 2011 eine von AMREF initiierte Kampagne mit dem Ziel, die Mütter- und Kindersterblichkeit in Afrika zu reduzieren. Im Südsudan herrscht die weltweit höchste Mütter- und Kindersterblichkeit: Jede 15. Mutter stirbt bei der Geburt, jedes fünfte Kind erreicht nicht das fünfte Lebensjahr.

Mit deutschen Spendengeldern, die durch „Ein Herz für Kinder“ gesammelt wurden, hat AMREF Deutschland die Entbindungsstation gebaut und gerätetechnisch ausgestattet.

Aber mehr als 20 Jahre Bürgerkrieg haben dem Land sehr zugesetzt, die Wirtschaft ist zusammengebrochen; Schulen, Gesundheitszentren, Straßen, Brücken, die gesamte soziale und administrative Infrastruktur waren zerstört. Millionen Menschen sind im Krieg getötet worden, Millionen mussten durch Flucht ihre Heimat aufgeben. Qualifiziertes Personal hat das Land wegen Mangel an Arbeitsmöglichkeiten ebenfalls verlassen. Die Bevölkerung wird derzeit mit 9,6 Millionen angegeben. 98 Prozent der Bevölkerung lebt in ländlichen Gebieten. Nur 25 Prozent der Bevölkerung des Südsudan haben Zugang zu medizinischer Behandlung, vorgeburtliche Betreuung gibt es kaum. Nur etwa fünf Prozent aller Geburten finden in Anwesenheit von ausgebildetem Personal statt.

Deshalb war es wichtig, zur Eröffnung der geburtshilflichen Klinik diese personell gut auszustatten. Vor Ort sind in Maridi zurzeit vier sudanesische Ärzte, zwei Ärzte für die Anästhesie und zwei Ärzte, welche für die ganze Klinik einschließlich der medizinischen Notfallambulanz zuständig sind. Ausgebildete Fachärzte gibt es nicht.

Mit dem vorhandenen Personal an Ärzten, Hebammen und Krankenschwestern ging es darum, ein funktionierendes geburtshilfliches Team durch Schulung und Training zu bilden.

Der normale Klinikalltag unterscheidet sich deutlich von dem einer deutschen Klinik. Diagnosen, die bei uns äußerst selten sind, treten dort noch gehäuft auf. So musste ich zum Beispiel gleich am ersten Tag einen Kaiserschnitt durchführen bei einer Uterusruptur, wobei das Kind im Oberbauch unterhalb der Leber lag. Mutter und Kind konnten so gerettet werden, wenngleich bei der Mutter auch noch die Gebärmutter entfernt werden musste bei eintretenden zusätzlichen Komplikationen.

Während meines gesamten Aufenthaltes gab es zwei Uterusrupturen und trotz Überwachung in der Schwangerschaft kamen in diesen vier Wochen vier Kinder tot zur Welt. Durch intensive Überwachung und auch zum Teil mit direkter Bluttransfusion (vom Spender zur Patientin) haben alle Mütter überlebt.

Eine weitere Aufgabe bestand darin, ein bereits vorhandenes, jedoch nicht funktionierendes Ultraschallgerät wieder funktionstüchtig zu machen, um dieses als wichtiges Diagnoseinstrument auch einsetzen zu können. Im Verlauf der vier Wochen konnte ich 190 Ultraschalluntersuchungen durchführen und die Ärzte und Hebammen darin unterweisen.

Ein weiteres großes Problem für die sudanesischen Frauen sind vesikovaginale Fisteln, das heißt, der Urin geht unkontrolliert durch die Vagina ab. Zumeist entstehen solche Fisteln durch Blasenverletzungen während sehr lange dauernden Geburten und bei Verletzungen durch medizinische Eingriffe. Diese Frauen sind stark stigmatisiert und benötigen dringend medizinische Hilfe. Meinen sudanesischen Kollegen konnte ich auch bezüglich der Fisteloperationen Starthilfe leisten.

Natürlich ist auch Aids in dieser Region Afrikas ein großes Thema. Normalerweise wurden die Frauen, wenn sie sich zuvor in der „antenatal clinic“ vorstellten, auf HIV getestet und dies auch auf der „antenatal card“ verzeichnet. Dies war für uns medizinisches Personal enorm wichtig, um entsprechende Vorkehrungen, etwa bei Operationen, zu treffen.

Nach vier Wochen war mein Einsatz im Südsudan beendet. Sicher war es nur eine kleine medizinische Starthilfe. Solche medizinischen Einsätze wären auch für die nächsten drei bis vier Jahre erforderlich.

In diesem Zusammenhang ist eine finanzielle Unterstützung für weitere Geräteanschaffungen und Ausstattungen notwendig. Wer den Müttern und Kindern im Südsudan helfen möchte, kann dies gerne über folgendes Spendenkonto von AMREF tun: Spendenkonto: AMREF Deutschland e.V., Hypovereinsbank München, BLZ 70020270, Kontonummer 329488, IBAN: DE09 7002 0270 0000 3294 88, BIC: HYVEDEMMXXXKennwort: Maridi, Südsudan

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