Lörrach „Ein fataler Trugschluss“

Die Oberbadische
Auf dem Rathausplatz flattern die Fahnen Seite an Seite – jedoch: Welche Perspektiven hat Europa nach dem Votum der Briten? Foto: Elena Polnau Foto: Die Oberbadische

Brexit: Wie nehmen lokale Akteure aus Politik und Wirtschaft das Wahlergebnis in Großbritannien auf?

Von Bernhard Konrad

Die Briten haben für einen Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. Im Gespräch mit unserer Zeitung äußerten sich Akteure aus Politik und Wirtschaft zum Wahlergebnis.

Jörg Lutz, Oberbürgermeister der Stadt Lörrach: „Die Brexit-Entscheidung bedauere ich sehr. Man muss nun sehen, wie sich diese auf die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU über die Personenfreizügigkeit für Grenzgänger auswirkt. Ich hoffe, dass es zu keinen Einschränkungen kommt. Der Austritt Großbritanniens sollte ein Weckruf für Europa sein, die Sorgen seiner Bürger ernst zu nehmen: Reformen sind erforderlich.“

Günther Heck, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Dreiländereck: „Mit diesem Votum werden die negativen separatistischen Tendenzen in Europa gestärkt. Es gibt zweifelsohne in der EU Optimierungsbedarf – Verbesserungen müssten aber durch gemeinsame Anstrengungen der Mitglieder herbeigeführt werden – Austritte sind nicht der richtige Weg. Und: Es sollte nicht vergessen werden, dass die EU nicht zuletzt dabei hilft, den Frieden in Europa zu sichern.“

André Marker Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Lörrach-Rheinfelden: „Die Briten haben nicht Europa abgewählt sondern die EU. Tendenzen zu Regulierung, Vergemeinschaftung und Verschuldung haben die Menschen verunsichert. Vielleicht entsteht durch diese Wahl die Chance, dass sich die EU wieder darauf besinnt, was eigentlich der Kern europäischer Politik sein sollte.“

Ulrich Lusche, stv. CDU-Fraktionsvorsitzender: „Die Wahl zeigt, wie gespalten Großbritannien ist. Das Resultat reiht sich in eine besorgniserregende europäische Tendenz ein: Bei aller berechtigten Sorge der Menschen über Bankenkrisen und Flüchtlingsströme ist die Annahme, eine Rückkehr ins Nationale bringe ihnen und ihren Ländern mehr Sicherheit, ein fataler Trugschluss. Großbritannien verdankt – wie wir alle – einen guten Teil seiner positiven wirtschaftlichen Entwicklung der EU. Viele Bürger nehmen das als selbstverständlich an – das ist es aber nicht.“ Günter Schlecht, Vorsitzender der SPD-Fraktion: Die Zukunft wird zeigen, dass diese Entscheidung für Großbritannien und die EU falsch war. Es stellt sich die Frage, ob nun die gesamte EU scheitern wird. Europa ist bei vielen Menschen nie richtig angekommen. Das muss den Verantwortlichen in der EU zu denken geben.

Uwe Claassen, Vorsitzender der Freien Wähler-Fraktion: „Insbesondere England hat in der EU nie eine Heimat gefunden. Ich halte es aber für denkbar, dass bei einer negativen Entwicklung der englischen Wirtschaft nach einigen Jahren wieder Aufnahmeverhandlungen geführt werden, dann mit besseren Karten für die EU.“

Jürgen Trefzer, Geschäftsführer von ARaymond in Deutschland: „Das ist eine sehr unschöne Entwicklung, die vermutlich auf Großbritannien mehr Auswirkungen haben wird als auf die EU und Deutschland. Auf die Branche der Automobilzulieferer wird der Brexit kurzfristig wohl keine Auswirkungen haben.

Dennoch beginnt nun durch diese Entscheidung eine Phase der Unsicherheit.“ Markus Schnabel, Leiter der AG Chester von Lörrach International: „Das war zu befürchten – dennoch war ich etwas geschockt. Unter anderem ist völlig unklar, welche Konsequenzen die Entscheidung innerhalb Großbritanniens haben wird, denn Nordirland und Schottland haben sich für einen Verbleib in der EU entschieden.“

Unterdessen ist Derek Jackson in Lörrachs englischer Partnerstadt Chester „sehr enttäuscht“. Bei ihm laufen alle Fäden der Städtepartnerschaft zusammen. Im County West-Cheshire, zu dem Chester gehört, gewannen die Brexit-Befürworter mit hauchdünnem Vorsprung. Die Entscheidung sei wohl auch dehalb für einen Austritt gefallen, weil viele Wähler sich mehr von Emotionen als von Argumenten haben leiten lassen, sagte Jackson im Gespräch mit unserer Zeitung. Für die Partnerschaft zwischen Lörrach und Chester befürchtet er indes keine größeren Einschränkungen.   siehe Regio-Seite

Umfrage

Bettina Stark-Watzinger

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat sich für Zivilschutzübungen an Schulen ausgesprochen. Damit sollen Schüler besser auf den Kriegsfall, Pandemien und Naturkatastrophen vorbereitet werden. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading