Lörrach (Er)Mittler und Netzwerker

Die Oberbadische
Die Polizeireform, sagt Rudi Kuppinger mit einem Schmunzeln, mache ihm den Abschied etwas leichter. Dennoch gilt: „Ich werde viele Menschen vermissen“ Foto: Bernhard Konrad Foto: Die Oberbadische

Nach über 30 Jahren im Polizeirevier Lörrach geht Rudi Kuppinger in den Ruhestand

Von Bernhard Konrad

Lörrach. Über 30 Jahre lang hat Rudi Kuppinger die Entwicklung des Lörracher Polizeireviers begleitet und geprägt: Ende des Monats wird er in den Ruhestand verabschiedet. Im Gespräch mit unserer Zeitung blickt er auf ein Berufsleben zurück, das in vielerlei Hinsicht von Wandel geprägt war.

40 Jahre Polizeidienst, davon drei Jahrzehnte in Lörrach: „Unterbrechen Sie mich ruhig!“, sagt er nach einigen Minuten. Er lacht und nimmt einen Schluck Wasser. Dabei hat Rudi Kuppinger wirklich viel zu erzählen.

Flower-Powerund Terrorismus

Obwohl ihm sein Beruf in die Wiege gelegt wurde – schon der Vater war Polizist – wollte er nach dem Abitur am Hans-Thoma-Gymnasium zunächst Lehrer werden. Erst während des Wehrdienstes entschloss er sich, als Polizist „noch näher an der Lebenswirklichkeit“ zu arbeiten. Im Herbst 1975 fing er bei der Bereitschaftspolizei an, 1980 wurde Kuppinger nach mehreren Stationen Kommissar in Freiburg, vier Jahre später nahm er eine Stelle in Lörrach an und kehrte damit in die Heimat zurück. Man muss sich das klar machen: Kuppinger fing zu Flower-Power-Zeiten an. Die 70er: Schlaghosen, lange Haare, Hippies, aber auch Vietnam-Krieg, Umbrüche, Krisen und Terrorismus, der etliche Polizisten das Leben kostete. Christian Klar, später einer der führenden Köpfe der zweiten RAF-Generation, war eine Klasse über ihm. Man kannte sich vom Pausenhof.

„Der Beruf war damals spürbar von der Bekämpfung des Terrorismus geprägt, auch bei uns in der Grenzecke“, erzählt Kuppinger. Nicht weit von hier, in Mulhouse, wurde 1977 die Leiche des von der RAF entführten Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer gefunden. Eine wilde, für Polizisten auch eine gefährliche Zeit.

In Lörrach entwickelte sich Kuppinger beruflich weiter: Ab 1988 leitete er den Streifendienst, 1990 wurde er stellvertretender Revierleiter – er ist es bis heute. Als Stellvertreter von Wolfgang Grethler und Leiter der Führungsgruppe ist er für die Personalplanung und den -einsatz ebenso verantwortlich wie für die Ausbildung junger Polizisten.

Kriminalprävention: „Aus der Nische ins Zentrum“

Darüber hinaus ist Kuppinger federführend bei der Sicherheitsüberprüfung von Großveranstaltungen und erster Ansprechpartner für die Stadt.

Die Polizei ist in Lörrach in ein facettenreiches Netzwerk der kommunalen Kriminalprävention eingebunden: „Das Zusammenspiel funktioniert.“ Polizei, Villa Schöpflin, SAK, Tempus fugit, das SIP-Team der Stadt, Vereine, Landratsamt: Sie ziehen an einem Strang, „und sie haben das Thema aus der Nische ins Zentrum geholt“, betont er.

Rudi Kuppinger hatte in seinem Berufsleben in vielerlei Hinsicht Mittlerrollen inne. „Dabei war mir das Ansehen der Polizei immer wichtig. Dieses Ansehen kann aber nur gewahrt werden, wenn man zuhören und im Umgang mit anderen selbst dazulernen möchte“, sagt er. Natürlich gebe es Situationen, die Polizisten keinen persönlichen Handlungsspielraum ließen, indes habe sich die in Gespräche investierte Zeit fast immer ausgezahlt.

Positiv bewertet er deshalb, dass in der Polizei-Ausbildung heute mehr Wert auf psychologische Aspekte gelegt wird. Auch die in den vergangenen Jahren deutlich gestiegene Anzahl an Polizisten mit Migrationshintergrund und Frauen habe der Polizeiarbeit gut getan: „Frauen machen bei der Polizei haargenau das gleiche wie die Männer. Aber sie wirken deeskalierender und bringen oft ein außergewöhnliches Einfühlungsvermögen mit.“ Unterdessen habe sich auch der Führungsstil mit den Jahren verändert: „Wenn ich zurückdenke... In den 70ern waren Polizei-Führungskräfte mitunter noch als Offiziere im zweiten Weltkrieg an der Front gewesen... Eine ganz andere Zeit.“

IPA: Aus formellen Begegnungen wuchsen Freundschaften

Doch war die Autorität der Polizisten im Arbeitsalltag merklich größer: „Damals gab’s im Revier gerade Mal zwei Schutzwesten, falls irgendwas Gravierendes passiert. Heute trägt jeder eine.“

Eine Herzensangelegenheit war und ist Rudi Kuppinger die International Police Association (IPA), eine internationale Vereinigung von Polizeibediensteten. Die Leitung der Verbindungsstelle Lörrach hat er erst vor ein paar Wochen abgegeben. Über Jumelage-Aktivitäten mit den Partnerstädten wurden einst Kontakte geknüpft. Aus formellen Begegnungen wuchsen Freundschaften. Besonders herzlich ist das Verhältnis zu den Kollegen in Chester und Senigallia – viele gemeinsame Aktivitäten zeugen von dieser Verbindung.

Am 30. April wird Rudi Kuppinger in den Ruhestand verabschiedet. Die Polizeireform, so sagt er mit feinem Schmunzeln, mache ihm den Abschied etwas leichter. Und doch: „Ich werde viele Menschen vermissen“ – denn es bleibt dabei: „Ich hab’ das sehr gern gemacht.“

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