Die Stadt  lädt heute, Dienstag, 20 Uhr, alle Interessenten zu einer Info-Veranstaltung über den Prozess der  Schulentwicklungsplanung in die Aula des Hans-Thoma-Gymnasiums ein.  Die nachfolgende Übersicht skizziert den  Stand der Dinge.

Von Bernhard Konrad

Die Ausgangslage 
Die  Situation an den Lörracher Schulen – Raumnot auf dem Campus, Auslaufen der Werkrealschule, Start der Gemeinschaftsschule, Sicherung  des Schulangebots in den Ortsteilen – war Anlass für einen breit angelegten Prozess der Schulentwicklungsplanung. In diesem sollen  die Weichen  für  eine  zukunftsorientierte Schullandschaft gestellt werden. 

Das Verfahren
Begleitet wird der Prozess von Thorsten Bohl, Professor für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Schulpädagogik, und Christoph Huber vom ARGO-Institut. In mehreren Workshops wurden unter Beteiligung  zahlreicher Akteure – Schul- und Elternvertreter, außerschulische Kooperationspartner,   Verantwortliche von Stadt und  Landkreis,  Regierungspräsidium und  Schulamt  – sechs Zukunftsszenarien erarbeitet, von denen sich bislang eines als mehrheitsfähig erwies. 

Das favorisierte Szenario
Das gegenwärtig favorisierte Szenario sagt im Kern folgendes aus: Das Hebel-Gymnasium zieht in die Neumattschule (die als Werkrealschule auslaufen wird), Theodor-Heuss-Realschule und Albert-Schweitzer Gemeinschafts- schule tauschen den Standort, und die Brombacher Hellbergschule wird zur „Realschule Plus“ oder zur Gemeinschaftsschule ausgebaut. Am Standort Neumattschule soll auch künftig eine Grundschule angesiedelt sein, wohl in neuen Räumen. Die Grundschüler der Albert-Schweitzer-Schule sollen auf die Grundschulen in Haagen und Tumringen sowie auf die Hebelschule verteilt werden.
Varianten, die den Verbleib beider Gymnasien auf dem Campus vorsehen, werden nicht als zielführend angesehen.

STANDPUNKTE DER SCHULEN
Hebel-Gymnasium
Das vom Direktor des Hebel-Gymnasiums, Albrecht Schmidt, ins Gespräch gebrachte Modell stand bislang nicht zur Debatte: Es sieht einen Wechsel der Gemeinschaftsschule in die Neumattschule und den Umzug der THR in die bisherigen Räume der Gemeinschaftsschule im Grütt vor. Damit stünde der Campus Hans-Thoma- und Hebel-Gymnasium komplett zur Verfügung. Aus seiner Sicht ergebe ein  Umzug des „Hebel“ in die Neumatt  vor allem aus zwei Gründen keinen Sinn: Erstens ließe sich die sinnvolle Verzahnung mit dem Hans-Thoma-Gymnasium  nicht mehr wie bisher aufrecht erhalten. Außerdem sei der Umzug mit Kosten in zweistelliger Millionenhöhe verbunden (Schaffung gymnasialer Fachräume etc.). Dagegen eigne sich die  Neumattschule unter räumlichen Aspekten  besser für die  Gemeinschaftsschule.
 
Hans-Thoma-Gymnasium
„Der Campus platzt aus allen Nähten“: HTG-Direktor Frank Braun betont den dringenden Platzbedarf des größten Gymnasiums in Südbaden für Klassenzimmer und andere pädagogische  Facetten des Schulbetriebs.  Indes sei die Kooperation mit dem Hebelgymnasium ein wichtiges Charakteristikum des Campus’, vor allem in der Kurs-Stufe seien hierdurch  Angebote möglich, die bei einem Umzug des „Hebel“ entfallen würden – denn: Nach Brauns Einschätzung würde sich die Distanz zum Neumatt-Quartier   in der Praxis des Schulalltags  als zu groß erweisen, um  sinnvolle Kooperationen  angemessen weiterführen   zu können.
 
Albert-Schweitzer-Gemeinschaftsschule

Schulleiterin Sabine Stein bedauert  die Tendenz zur „Besitzstandswahrung “. Ziel sei  doch gerade, die Schullandschaft insgesamt in den Blick zu nehmen. Die Gemeinschaftsschule habe noch keine mit anderen Schulen vergleichbare Unterstützerschaft, indes sei sie  pädagogisch sinnvoll und: „Der Bedarf ist da.“

Der Standort sei aus ihrer Sicht nicht   einmal entscheidend gewesen. Wichtig sei, dass die für die Gemeinschaftsschule  notwendige  Infrastruktur zeitnah geschaffen werde. Indes hätten ihr – Stein kommt nicht aus Lörrach – viele Stimmen von der Neumatt abgeraten. Mehrfach sei ihr gegenüber betont worden,  die Gemeinschaftsschule werde an diesem Standort nicht aufgewertet, mithin ihre Perspektiven nicht verbessert.

Zudem, so betonte sie, dränge sich eine ehemalige Werkrealschule von den Räumlichkeiten  her keineswegs als Domizil für eine Gemeinschaftschule auf. Auch bei diesem Wechsel müsste baulich kräftig investiert werden.  Falls es nicht zum Umzug auf den Campus komme, würde sie eine Entwicklung der Gemeinschftsschule am jetzigen  Standort einem Umzug in die Neumatt wohl vorziehen, sagte Stein.

Albert-Schweitzer-Grundschule
Lehrer Jörg Lienin merkte in einer Ausschuss-Sitzung kritisch an, die Eltern der Grundschüler  seien „überrascht und schockiert“ gewesen, dass ihre Kinder künftig auf andere Schulen verteilt werden sollen. Der   Grundsatz „kurze Beine, kurze Wege“ sei mit dem favorisierte Szenario außer Kraft gesetzt: „Und das ist gewiss nicht gut“, sagte Lienin.

Theodor-Heuss-Realschule
Mehr „sachlichen Austausch“ hätte sich Henriette Benner-Boll, Konrektorin der THR, in den Workshops gewünscht. Die THR fühle sich „nicht mitgenommen“, sagte sie im Ausschuss der Stadt.  Das Argument des Umzugs ins Grütt aufgrund der Nähe zu den Berufsschulen sei der Realschule „aufgezwungen worden“. Kurzum: „Wir fühlen uns als die Verlierer.“

STADTPUNKTE DER ELTERN
Hebel-Gymnasium
Die vom Elternbeirat gebildete Arbeitsgruppe unterstützt „Hebel“-Direktor Albrecht Schmidt. Sobald das „Hebel“ in die Neumatt wechsle, „wird die Verzahnung mit dem HTG aufgelöst. Die Entfernung zur Neumattschule ist zu groß“, sagt der Elternbeiratsvorsitzende Clemens Tschöpe. Etliche Oberstufenkurse könnten dann nicht mehr gebildet werden. Die notwendigen Investitionen bei einem Umzug des Hebel-Gymnasiums in die Neumatt könnten kein  vernünftiges Kosten-Nutzen-Verhältnis darstellen. Sie seien  eher für einen Umzug der Gemeinschaftsschule geeignet. Kritisiert wird zudem, dass der Fahrplan  den Gemeinderat unter Druck setze.  

Sofern dem Gremium nur ein einziges Szenario zur Entscheidung vorgelegt werde, stehe es vor dem Dilemma, dieses abzusegnen, oder zumindest vorübergehend Stillstand zu riskieren. Der Elternbeirat   fordere deshalb, der Rat möge zumindest zwischen zwei Varianten wählen können.

Theodor-Heuss-Realschule
Elternbeiratsvorsitzende Ljiljana Philipp vertritt die Auffassung von Henriette Benner-Boll. Die Realschule werde mit ihren 810 Schülern zwischen den beiden Gymnasien und der Gemeinschaftsschule offenbar nicht mehr wahrgenommen. Philipp wendet sich entschieden  gegen einen Umzug ins Grütt: „Wir wissen, was es heißt, mit einer ganzen Schule umzuziehen: der Stress, die Probleme...“, sagte sie mit Blick auf die Zwischenlösung in der alten Spinni, als die THR saniert wurde. 

Die  Campus-Schulen seien bei den Workshops unterrepräsentiert gewesen.  Lörrach habe über Jahre hinweg darauf hingearbeitet, die auf breiter Basis gewollte Campus-Idee umzusetzen: Ein Miteinander der Schulformen und der gesellschaftlichen Schichten. Dieses erfolgreiche Modell könnte  erhalten werden, wenn sich die  Gemeinschaftsschule an ihrem jetzigen Standort weiterentwickle und das „Hebel“ in die Neumatt wechsle: „Es wird auch dort nicht an Attraktivität verlieren. Zudem hält sie die Kooperation mit dem HTG auch über diese Distanz für machbar.

Albert-Schweitzer-Gemeinschaftsschule
Für den Vorsitzenden des Elternbeirats, Rüdiger Galm, hätte ein Umzug der Gemeinschaftsschule  auf den Campus  „Charme“. Es sei davon auszugehen, dass sich hierdurch eine positive Sogwirkung für die Gemeinschaftsschule entwickeln werde. Jedoch: Zwingend notwendig sei dieser Schritt  nicht, sofern die von Sabine Stein geforderten raschen Investitionen in die Infrastruktur der Schule vorgenommen würden – dies freilich lieber am bisherigen Standort als in der Neumatt, damit wäre ein Umzug zu vermeiden.  Die „Marke Hebel-Gymnasium“ sei dagegen so traditionsreich und stark, dass diese  auch bei einem Umzug ins Neumatt-Quartier   nicht an Attraktivität verlieren würde. Falls irgend möglich, sollte auch die  Grundschule am Standort erhalten werden, betonte Galm.