Lörrach Explodierende Experimentierfreude

Die Oberbadische
Ein-Mann-Show von Jacob Collier: Magier, Derwisch, Maniac Foto: Anja Bertsch Foto: Die Oberbadische

Stimmen I: Jacob Collier bot beim Konzert im Rosenfelspark eine faszinierende Mischung

Von Anja Bertsch

Lörrach. Magier, Derwisch, Maniac: Mit seiner Einmann-Multimedia-Performance bot der britische Jungspund Jacob Collier dem „Stimmen“-Publikum am Donnerstag im Rosenfelspark eine faszinierende Mischung aus Highspeed, Hightech und hoher Musikalität.

Aufmerksamkeit erregte Collier schon mit seinen Covers bekannter Hits auf Youtube, die er allein mit sich und der Technik im Musikzimmer seiner Familie in London aufgenommen hatte. Am selben Ort, im selben Stil und in selber Solo-Besetzung produzierte er im vergangenen Jahr sein erstes Album, das folgerichtig in „In my room“ heißt.

Mittlerweile verlässt Jacob Collier das Musikzimmer im Elternhaus auch mal für Liveauftritte – wenn Chick Corea anruft zum Beispiel, oder wenn Quincy Jones sich als Manager anbietet. Das Konzept bleibt live das gleiche wie im Heimstudio, und auch im Auftreten macht Collier offenbar keinen großen Unterschied, wie er da als sympathischer Schlacks in weiten Wohlfühlklamotten und auf Socken über die Bühne turnt.

Der 22-jährige Brite ist sich selbst genug, und das überträgt sich ganz unmittelbar aufs Publikum. Mit unbändigem Spieltrieb und explodierender Experimentierfreude bearbeitet Collier das Instrumentenarsenal, das er auf der Bühne im Halbkreis aufgebaut hat. Spielt hier einen Akkord auf dem Keyboard, setzt da einen Basslauf und packt in der Percussionabteilung ein paar rhythmische Akzente drauf. Und jedes dieser Elemente läuft und kreiselt fortan in Dauerschleife durch das Stück, das sich da vor den Augen und Ohren des Publikums Schicht um Schicht und Stimme auf Stimme aufbaut. Und weil sich das Stück auf diese Weise irgendwann selbst spielt, hat Collier den Rücken und die Hände frei, um das Publikum – vor Energie fast platzend – winkend und hüpfend zum Mitgehen zu animieren, während die Band aus akustischen Elektro-Klon-Jacobs immer weiterspielt.

Colliers größte „Waffe“ ist der Vokal-Harmonizer, der jeden gesungenen Ton entsprechend den gespielten Akkorden vervielfacht und verfremdet – ein Sound, der vielen Stücken seinen speziellen Stempel aufdrückt. Auf diese Weise entstehen sehr besondere Versionen von bekannten Soul-, Funk- oder Jazzstücken wie Stevie Wonders „Dont′ you worry ’bout a thing“ oder George Gershwins „Fascinating Rhythm“. Im selben Stil kreiert Colliers eigene Stücke wie „In my room“ oder „Hideaway“.

Ebenso wie der junge Musiker sich akustisch vervielfacht, so fügen sich auf der Leinwand im Hintergrund nach und nach die direkt aufgenommenen Sequenzen zur visuell-virtuellen Band zusammen. Im traumwandlerisch sicheren Umgang mit Technik und Instrumenten multipliziert Collier sich selbst, und kreiert vor den Augen und Ohren des Publikums ein faszinierendes Multimediaspektakel voll visueller und akustischer Kraft. Eine Performance von buchstäblich einsamer Spitze.

Und dann tut es doch auch gut, wenn in dieser Kunstwelt zwischendurch einfach einmal der ganz unverfälschte Sound eines Flügels zusammen mit der vollen Tieftönerstimme Colliers klingen darf wie etwa beim ruhigen „In the real early morning“, das Publikum und Musiker eine kleine Pause von der Highspeed- und HighTech-Performance gönnt.

Ist das Publikum über weite Teile in staunender Faszination gebannt, so entsteht zum Ende des Konzerts eine besondere Verbindung: In Paul Mc Cartneys „Blackbirds“ dirigiert Collier das Publikum im einsetzenden Regen in ein Loop-Dasein hinein. Mit seiner Solostimme – technisch nicht ganz perfekt vielleicht, aber stimmig – schafft er dazu die Basis. Schöner gemeinsamer Abschluss einer faszinierenden Einmann-Show.

Für den musikalischen Einstieg in den Abend hatten Becca Stevens und Michelle Willis mit einem Mix aus Folk-Pop, Jazz und Singer-Songwriting gesorgt, in dessen Mittelpunkt die starken Stimmen der beiden Frauen standen.

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