Die am Dienstag vorgelegte Lörracher Kriminalitätsstatistik für 2015 (wir berichteten gestern) zeigt einige interessante Trends. Von Guido Neidinger Lörrach. Drei Erkenntnisse, die man der Statistik entnehmen kann, sind: Die Respektlosigkeit gegenüber Polizeibeamten ist ein Problem. Die Kriminalitätsprävention bei Jugendlichen zeigt Erfolge. Asylbewerber sind nicht übermäßig kriminell. Kriminelle Asylbewerber Die Angst vor kriminellen Asylbewerbern ist nicht zuletzt nach den erschreckenden Vorfällen rund um den Kölner Hauptbahnhof in der vergangenen Silvesternacht groß. Doch diese Sorge ist – zumindest für Lörrach – nicht berechtigt. Im vergangenen Jahr in Lörrach 123 Asylbewerber straffällig. Rausgerechnet sind hier Straftaten, die nur von Asylbewerbern begangen werden können, zum Beispiel Verstöße gegen das Asylgesetz. Die am häufigsten straffälligen Asylbewerber kommen aus Albanien (19), Kosovo (14), Algerien (11), Georgien (11), Serbien (10), Tunesien (9), Mazedonien (8). Auffällig ist, dass nur acht Syrer durch Straftaten ins Visier der Justiz gerieten, obwohl diese Bevölkerungsgruppe den weitaus größten Anteil der derzeit rund 500 in Lörrach lebenden Asylbewerber stellt. Aktenkundig wurden unter anderem 67 Diebstähle, 16 Körperverletzungen und sechs Rauschgiftdelikte. 37 dieser Straftäter wohnen in der Stadt Lörrach, 53 innerhalb des Landkreises, die restlichen kamen von außerhalb. „Es handelt sich um überschaubare Delikte“, betonte Revierleiter Wolfgang Grethler bei der Präsentation des Zahlenwerks. Bezirksdienstleiter Wolfgang Hauser ergänzte: „Die Situation ist entspannt.“ Für die vielfach geäußerte Sorge, es kämen nur Verbrecher zu uns, gebe es keinerlei Belege. Bei vielen der in der Statistik auftauchenden Delikten handele es sich um kleinere Vergehen. Viele davon würden innerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte verübt. Die Polizei führt die erfreuliche Situation auch auf das gute Betreuungs-Management zurück. „Was der Freundeskreis Asyl und andere Ehrenamtliche hier leisten ist beeindruckend und nimmt von der Polizei viel Druck“, betonte Grethler. Bürgermeister Michael Wilke ist sich darüber im Klaren, „dass nicht nur Menschen mit guten Absichten im Gepäck zu uns kommen. Diejenigen, die in ihren Heimatländern verfolgt wurden, wollen hier in Frieden leben und sind nicht kriminell“. Bei Streitigkeiten unter den Flüchtlingen können die Streithähne vom Personal in der Regel getrennt werden, bevor die Polizei gerufen werden müsse. In Extremfällen scheue sich das Landratsamt aber nicht, Personen durch Verlegung in andere Unterkünfte dauerhaft zu trennen. Für Wilke ist es „völlig normal, dass es zu Reibereien kommt, wenn 100 Personen, die am Tag wenig zu tun haben, aufeinander hocken.“ Durch Beschäftigung wird nach den Worten des Bürgermeisters versucht, den Druck zu verringern. So können Asylbewerber sich für Ein-Euro-Jobs innerhalb ihrer Einrichtung bewerben. Möglichkeiten zur Beschäftigung sind in der Wäscherei gegeben oder bei der Reinigung der Unterkünfte. Jugendliche Straftäter Erfreulich ist für die Polizei, dass die Zahl der Jungtäter unter 18 Jahren im vergangenen Jahr erneut gesunken ist. Mit 87 Fällen wurde ein Tiefstand erreicht. Die Polizei führt diese Entwicklung auf die Vielzahl aufeinander abgestimmter Präventionsmaßnahmen zurück. So erreichte die Stadt laut Wilke mit dem theaterpädagogischen Projekt zum Thema Ladendiebstahl im vergangenen Jahr 540 Lörracher Schüler, beim Projekt Zivilcourage waren es 450. Diese Projekte werden seit 2006 mit dem Theater Tempus fugit angeboten. Gewalt gegen Polizisten Auch hier ist eine erfreuliche Entwicklung festzustellen: Die Zahl körperlicher Gewalt gegen Polizeibeamte sank in Lörrach von 18 auf 16 Fälle. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass 16 Polizeibeamte bei Widerstandshandlungen verletzt wurden. So wurde einem Polizeibeamten das Nasenbein gebrochen. Ein anderer musste zeitweilig sogar um sein Augenlicht bangen. Ein besonders krasser Fall ist dem stellvertretenden Revierleiter Wolfgang Nagy in Erinnerung. Eine junge Beamtin wurde nach seinen Schilderungen bei der Kontrolle von zwei jungen Männern im Grüttpark unvermittelt heftig angegriffen. Nur mit Hilfe von zwei herbeieilenden städtischen Gärtnern gelang es, den Mann zu Boden zu ringen und ihm Handschellen anzulegen. Ein vorbeikommender Passant, der nur das Anlegen der Handschellen mitbekam, beschimpfte die Beamten für ihre angeblich überzogene Gewaltanwendung.