Lörrach „Frauen trugen, was sie wollten“

Die Oberbadische

AfghanistanSinad Painda berichtet im Treffpunkt ab 50 über das Heimatland ihres Vaters

Krieg und komplett verhüllte Frauen haben wohl viele Menschen beim Begriff Afghanistan vor Augen. Dass das Land auch anderen Seiten besitzt, zeigte Sinad Painda am Montag bei ihrem Vortrag im Treffpunkt ab 50. Sie nahm die Zuhörer mit auf eine Reise zurück zu ihren Wurzeln und versuchte ihre Begeisterung für das Land weiter zu geben.

Von Elena Polnau

Lörrach. Mit einem Rückblick auf das frühere, offenere Afghanistan eröffnete die gebürtige Lörracherin und Tochter eines Afghanen ihren Vortrag zur Geschichte und Entwicklung des Landes. In den 60er und 70er Jahren konnten dort junge Frauen kurze Röcke und Hosen anziehen. „Burkas waren nur in den ländlicheren Gebieten verbreitet. In der Hauptstadt Kabul konnten auch die Frauen, tragen was sie wollten“, erklärt Painda. Als Reiseziel sei Afghanistan damals nicht unbeliebt gewesen, gerade für Hippies.

Mit dem Einzug der Sowjetunion, dem anschließenden Bürgerkrieg und zuletzt dem Taliban-Regime änderte sich jedoch nicht nur die Situation der Frauen in Afghanistan. Die anwesende Tante von Sinad Painda berichtet: „Frauen durften nicht zur Schule, kein Fernsehen – sie durften einfach gar nichts.“

Die 28-jährige Referentin und Halb-Afghanin stammt aus einer „Multikulti“-Familie, wie sie sie selbst beschreibt. Schon während ihrer Schulzeit begeisterten sie Kultur und Tradition: „Afghanistan war mir schon immer eine Herzensangelegenheit.“

So wurden ihre Wurzeln auch zum Thema ihres Jahresprojekts an ihrer damaligen Schule. Für den praktischen Teil der Arbeit überlegte sie sich etwas besonderes: „Mir wurde vorgeschlagen, afghanische Speisen mitzubringen, doch ich wollte das Land besuchen und es erleben.“ So begab sich die Familie, trotz Zweifel und auf Wunsch ihrer Tochter, auf die Reise nach Afghanistan. Für ihren Vater sei es die erste Rückkehr nach mehr als 30 Jahren in sein Heimatland gewesen. „Die Armut lässt sich nicht verbergen“, erklärt Painda, als sie Fotos von jungen Menschen am Straßenrand zeigt und alte Menschen mit traditioneller Kleidung, denen die Armut anzusehen ist. „Trotzdem sind einem die meisten Menschen positiv zugewandt und begegneten uns mit einem Lächeln“, fasst Painda ihre Eindrücke zusammen. Dennoch bestätigen ihre Erzählungen und Fotos die Bilder von Armut, Zerstörung und verschleierten Frauen, die in den Köpfen der westlichen Welt vorherrschen.

Ihre zweiwöchige Reise durch Afghanistan führte nicht nur durch ganz verschiedenen Landschaften sondern auch zu vielen Massengräbern, die auf Hügeln für die im Krieg Gefallenen angelegt wurden. Sie sahen Krankenhäuser und Schulen in verheerendem Zuständen und Tretminen, die als Spielzeug getarnt auf Feldern lagen.

Sinad Painda brachte verschiedene traditionelle Kopfbedeckungen mit sowie eine Burka, welche die Gäste anprobieren durften. Eine Dame schlüpfte hinein und beschrieb ihren Zustand darunter als „beklemmend“.

Die vielen Anwesenden waren begeistert vom Vortrag, an den sich eine Diskussionsrunde anschloss. Auf die Frage, ob sie auch bei der derzeitiger Lage noch einmal nach Afghanistan fahren würde, musste auch Sinad Painda verneinen. Schon auf ihrer zweiten Reise zurück zu ihren Wurzeln, die sie allein absolviert habe, konnte sie viele Plätze aus Sicherheitsgründen nicht mehr besuchen.

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