Kompakter, dafür näher an der historischen Stelle, hat die Stadt gestern mit dem „Tag der Demokratie“ zum zweiten Mal an die Ereignisse der Revolution von 1848 erinnert. Gastredner Ivo Gönner warnte in seiner Revolutionsrede davor, dass Demokratie „kein Selbstläufer“ sei.

Von Kristoff Meller
Lörrach. Nach dem „Riesenspektakel“ bei der Premiere  werde der Tag dieses Mal „etwas bescheidener“ gefeiert, hatte Oberbürgermeister Jörg Lutz schon beim Empfang für  Ivo Gönner  im Alten Rathaus  mitgeteilt. Dennoch versammelte sich kurz darauf eine veritable Schar von mehreren hundert Revolutionsinteressierten auf der Unteren Wallbrunnstraße, darunter viele Schulklassen, um den nachgestellten Sturm des Rathauses vor 168 Jahren und die Revolutionsrede zu verfolgen.

Zu Fuß statt auf dem Pferderücken drängten sich Gustav Struve (Joachim Geiser), der Anführer der Bürgerwehr, Markus Pflüger, (Peter Stölzer) und Bühneli-Chef Günther Geiser als weiterer Revolutionsmitstreiter durch die Masse, um die Flagge des Großherzogtums auf dem Balkon des Alten Rathauses  gegen die schwarz-rot-goldene Fahne mit der Aufschrift „Freiheit, Bildung, Wohlstand“ auszutauschen und die erste deutsche Republik auszurufen, die 1848 nur drei Tage bestand hatte.

Gönner: Demokratie schützen

Die damals geforderten Werte gelte es aber bis heute  „immer wieder zu verteidigen“, forderte der ehemalige Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner in  seiner Revolutionsrede.  Die Demokratie müsse nicht nur geschützt, sondern auch stetig weiterentwickelt werden. Gönner sprach sich für einen ständigen Dialog aus und machte sich auch für mehr Engagement der Bürger innerhalb ihrer Stadt stark. Das Thema Flüchtlinge spielte anders als noch im vergangenen Jahr keine dominierende Rolle, aber auch Gönner forderte: „Die Menschen die zu uns kommen, müssen wir schützen und dürfen sie nicht ausgrenzen.“

Der ehemalige Präsident des baden-württembergischen Städtetages lobte  die Lörracher für die Veranstaltung. Dieser Tag sei ein „Alleinstellungsmerkmal für Lörrach“, ideal, um Identität zu schaffen und als „Brückenschlag zwischen Alteingesessenen und Zugezogenen“.

Zum Abschluss wurde   in revolutionärer Einigkeit mit einer Abordnung des Schulchores des  Hans-Thoma-Gymnasiums „Die Gedanken sind frei“ gesungen, bevor sich die Teilnehmer bei einer Gemüsesuppe von Günter Rosskopf oder „Pfefferbeißern“ aus der Schulküche der Gewerbeschule stärken und über das Rahmenprogramm am Nachmittag (siehe weiteren Artikel auf dieser Seite) informieren konnten.

Positives Fazit - Weiterentwicklung geplant

Am Abend fand der Tag der Demokratie  mit dem  Poetry Slam „Revolutionäre Reime“ im Burghof seinen Abschluss (wir berichten noch). Zuvor zog Kultur-Fachbereichsleiter Lars Frick bereits  ein positives Fazit: „Es lief super, der offizielle Teil war gut besucht und Ivo Gönner als Redner hat gut gepasst.“ Die Stadt möchte laut Frick auch künftig an der jährlichen Veranstaltung am 21. September festhalten, allerdings in unterschiedlicher Form: „Wir schauen von Jahr zu Jahr und werden das Programm immer etwas nach dem Redner ausrichten“, erklärte Frick. So könnten  Themen wie Europa oder Menschenrechte Schwerpunkte für die kommenden Jahre sein. „Wir wollen den Tag stetig weiterentwickeln.“

 Das Konzept mit einem Gastredner zur Mittagszeit soll aber beibehalten werden, ein großer Revolutionsmarsch mit rund 2000 Schülern wie bei der Premiere ist laut Frick hingegen unwahrscheinlich: „Wir konnten eine so große Zahl zwar mobilisieren, aber sie danach nicht eine Stunde lang bei der Stange halten.“ Er kann sich allerdings vorstellen, einen Teil der Veranstaltung künftig auf dem Campus oder an einer anderen Schule  durchzuführen – beispielsweise in Form einer Podiumsdiskussion. „Letztlich soll der Tag der Demokratie auch immer eine Überraschung bleiben.“

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