Lörrach Freunde, tote Tiere und viel Schokolade

Die Oberbadische
Schräg, witzig und tiefgründig: Das neue Stück des Jungen Theaters fasziniert mit Originalität und Spielfreude. Foto: Ursula König Foto: Die Oberbadische

Junges Theater feiert Premiere

Von Ursula König

Lörrach. Einen echten Freund und einen Schokovorrat für das ganze Leben haben: Dick Jerry Worowitz hat klare Ziele. Das achtjährige Mädchen Daisy Jenny Winkle dagegen möchte vor allem Antworten auf ihre Fragen erhalten. „Kommen Würmer in den Himmel?“, heißt das neue Stück des Jungen Theaters (JT), das am Mittwoch im kleinen Saal des Alten Wasserwerks Premiere feierte.

Die Ältesten des JT widmen sich mit schrägem Humor, Fantasie und einem Hang zu makabren Details tiefgründigen Themen, die letztendlich um den Sinn des Lebens kreisen.

Brigitta Doppstadt, Luca Manfredi, Hannah Sieper und Isabella Spöri bringen mit ansteckender Spielfreude und Ideenreichtum unter der Regie von Birgit Vaith ein Stück auf die Drehbühne, das geprägt ist von Individuen, die versuchen, mit ihrem Alltag zurecht zu kommen. Während die kleptomanisch veranlagte Mutter von Daisy tagsüber damit beschäftigt ist, den Inhalt der Sherry Flasche zu „testen“, widmet sich ihr Vater am liebsten, abgeschottet vom Rest der Gemeinschaft, in der Garage der Beschäftigung mit toten Vögeln. Während der Großvater Horrorgeschichten aus der Kriegszeit erzählt, vereinsamt das Mädchen immer mehr. Vor allem leidet sie darunter, dass sie wegen eines Muttermals auf ihrer Stirn gehänselt wird. Viele Tränen fließen.

Daisys Kummer ist gut nachvollziehbar. Zwischen Australien, ihrem Lebensraum und Amerika, wo der autistisch veranlagte Erwachsene Dick versucht, sein Leben zu bewältigen, entsteht aus einem Zufall heraus eine Brücke der Kommunikation. Daisy und Dick beginnen eine Brieffreundschaft. So unterschiedlich die beiden sind, so sehr verbindet sie die Tatsache, dass sie aus dem sogenannten Raster der Normalität heraus fallen. Und so entwickelt sich die Inszenierung zu einem charmanten Lehrstück über menschliche Schwächen, Toleranz und Akzeptanz.

Die Suche nach Halt und Orientierung und das Festhalten an Ritualen wird zu einer schwierigen Gratwanderung. Dick hatte sich eigentlich in seiner Welt eingerichtet zwischen Goldfischen und Schnecken, die er nach Physikern benannt hat. Und einen Freund hat er auch: Mr. Ravioli. Doch der sei nur imaginär und er brauche ihn nicht mehr, meint sein Psychiater. Also lässt sich Dick auf die Freundschaft mit einem „echten“ Menschen ein...

Das Stück pendelt spannungsreich zwischen Komik und verblüffenden Momenten. Sich ausprobieren in Rollen und das Ausloten der Möglichkeiten: Die Faszination des Theaterspielens ist derart greifbar, dass der begeisterte und lang anhaltende Applaus für diese gelungene Leistung nicht wundert. Und wie nebenbei werden Fenster geöffnet, die zeigen: Trotz mancher „Macken“ hat jeder Mensch Seiten, die ungewöhnliche Einsichten liefern können. Es ist manchmal nur eine Frage der Perspektive. u  Weitere Aufführungen: Donnerstag, 25. Juni und Freitag, 26. Juni jeweils 19 Uhr

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