Lörrach Geldpolitik allein kann kein Wachstum schaffen

Die Oberbadische
Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank, sprach am Montag in Lörrach. Foto: Manfred Herbertz Foto: Die Oberbadische

DHBW: Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank, zu Gast bei Rotary und Lions Club

Lörrach. „Lörrach ist ein fabelhafter Ort, um über den Euro zu reden, denn der Schöpfer des Euro-Zeichens, Arthur, ist ein Kind dieser Stadt“, sagte Jens Weidmann, der Präsident der Deutschen Bundesbank, der am Montag der Lerchenstadt einen Besuch abstattete und über „Aktuelle Entwicklungen im Euroraum“ im Auditorium der DHBW Lörrach referierte. Möglich gemacht hatte dies der Lions Club und der Rotary Club Lörrach. Sie treffen sich traditionell einmal im Jahr zu einer gemeinsamen Veranstaltung.

Im gutbesuchten Auditorium begrüßte Hermann Greve, Präsident des Lions Clubs, auch im Namen des Präsidenten des Rotary Clubs, Roland Haag, die rund 130 geladenen Gäste, darunter auch DHBW-Rektor Theodor Sproll, den Leiter des Hochschulrates, Hagen Pfundner sowie Lörrachs Oberbürgermeister Jörg Lutz.

Wenn es um die Geld- oder Zinspolitik geht, führt in Deutschland kein Weg an ihm vorbei: Jens Weidmann, der 2011 zum bis dahin jüngsten Präsidenten der Deutschen Bundesbank gewählt wurde. Eloquent referierte der oberste Währungshüter Deutschlands, über den Euro, die Chancen und Risiken, die sich damit verbinden. Dennoch hätten der Euro und die Europäische Union große Chancen, so Weidmann. Er ist der Überzeugung, dass die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank auf Dauer nicht sinnvoll sei, doch es gehe jetzt nicht darum, eine „geldpolitische Vollbremsung“ hinzulegen. 2016 sei die Wirtschaft in der EU um 1,7 Prozent gestiegen, die Auslastung der Unternehmen steige, und davon profitierte die gesamte EU. Die Arbeitslosenzahlen seien um ein Prozent gesunken, aber mit 9,6 Prozent noch immer hoch.

Dennoch: Die wirtschaftliche Erholung werde sich fortsetzen. Die Experten sagten für die nächsten zwei Jahre ein Wachstum von 1,7 Prozent voraus. Die Inflationsrate steigt in der EU um 1,7 Prozent, in Deutschland sogar um 2,2 Prozent, was die Notenbanken mit Argusaugen beobachteten. Es sei angestrebt, eine Rate von unter zwei Prozent zu erreichen. Ein Grund für die bislang lockere Geldpolitik sei gewesen, eine Deflation zu verhindern. Davon sei man inzwischen wieder weit entfernt.

Er sieht in den historisch niedrigen Zinsen ein Risiko, denn „für Finanzminister sind niedrige Zinsen die verlockendste Versuchung seit es Kredite gibt“. Statt die Staatshaushalte zu konsolidieren, würde noch zu viel Geld aufgenommen und ausgegeben, dabei sei es wichtiger denn je, dass die EU-Länder die niedrigen Zinsen nutzten, um den Schuldenabbau voranzutreiben, der Konsolidierungsbedarf sei hoch.

Die zurückliegende Finanzkrise habe gelehrt, dass die EU das Fehlverhalten einiger Länder tragen musste. Das gefährde langfristig ihren Bestand aus Sicht des Einzelnen. Es seien zwar Sicherheitsmechanismen eingebaut worden, die jedoch nicht ausreichend genutzt wurden. Ebenso sei das Haftungsprinzip verletzt worden – wer den Nutzen habe, müsse auch den Schaden tragen.

Geldpolitik allein könne kein Wachstum schaffen, dies könne nur die Politik durch ein entsprechendes Umfeld. Man dürfe die Globalisierung nicht aus dem Blick verlieren, mit der zwar ein steigender Wettbewerbsdruck einhergehe, unter dem aber einige weniger innovative Unternehmen litten. Protektionismus und Abschottung sei kein Rezept dagegen, die richtige Antwort heiße: „Von der Globalisierung profitieren, Bildung und lebenslanges Lernen sind die richtigen Schlüssel dazu“. „Wohlstand für alle“, wie es einst Erhardt vorausgesagt habe, so Weidmann, könne dann gelingen.

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