Von Jürgen Scharf Lörrach. Kinobilder sah man beim Konzert des Basler Sinfonieorchesters (SOB) am Sonntag im Burghof vor dem geistigen Auge: Errol Flynn und Piratenschiffe wie Seefalken über die Meere ziehen, in der Filmmusik von Erich Wolfgang Korngold zum Kino-Opus „The Sea Hawk“ (Der Herr der sieben Meere). Mit dieser Filmmusik lernte man die andere Seite des Opernkomponisten Korngold kennen, dessen spektakuläres Musiktheater „Die tote Stadt“ erst kürzlich am Theater Basel Premiere hatte: sein Talent als Hollywood-Filmkomponist. Das zeigte sich in dieser bildhaften Abenteuermusik mit Fanfarenklängen, aber auch zarten Zwischentönen. Schon hier präsentiert sich das SOB mit dem neuen Musikdirektor am Theater Basel, dem Amerikaner Erik Nielsen, als Gastdirigent am Pult, in brillanter Disposition. Sie stellen Korngolds farbige Instrumentationskunst, seine illustrative Beredtsamkeit, aber auch die spätromantische Klangsprache im besten Licht der Orchesterfarben und mit doppeltem Harfenluxus dar. 70 Musiker auf der Bühne, ein ausgefülltes Podium, zu dem dann noch ein Flügel dazu kam: für Maurice Ravels Klavierkonzert in G-Dur. Manchmal musste man bei dem französischen Pianisten Bertrand Chamayou an Ravels Konzert für die linke Hand denken, denn gerade die linke Hand von Chamayou sah spektakulär beim Überkreuzen aus. Im Frühjahr hat Chamayou eine viel bewunderte Gesamtaufnahme von Ravels Soloklavierwerken herausgebracht, und im Klavierkonzert überzeugt er vollends mit seinem Klangsinn und Gespür für Ravel und das Lyrische und Melancholische. Chamayou liefert ein glitzerndes pianistisches Feuerwerk an Spielfreude. Imponierend neben den Klangfarben vor allem die Klarheit, die französische Clarté, die organisch wirkende Dynamik und der Esprit in seinem Spiel. Wunderschön gelingen ihm die langen Phrasen und seltsamen Harmonien im langsamen Satz, der unter seinen Händen zur stillen Wirkung findet, bevor dann über einem langen Triller das Orchester einsetzt. Man musste an Adornos Satz über Ravel von der „hellen und gläsernen Melancholie“ denken. Dieser Pianist, der vor Jahren schon einmal im Burghof und gelegentlich bei den „Klassik Sternen Rheinfelden“ zu hören war, besitzt Weltklasseformat. Und Ravel scheint auf ideale Art seiner Tastenkultur zu entsprechen. Leider reichte der freundliche, aber etwas kurze Beifall nicht für eine Zugabe des Solisten. Nach der Pause, die wegen des funktionsuntüchtigen, zu leisen Gongs mit einer Glocke in Handbetrieb beendet wurde, erklang Arnold Schönbergs stark expressionistische Begleitmusik zu einer Lichtspielszene. Im Vergleich zu Korngold war das Filmmusik aus einer ganz anderen Welt. Nielsen interpretierte sie mit viel Sinn für die besonderen Farbwerte und die Ausdrucksgeste dieser Musik. Zum Abschluss des abwechslungsreichen und unkonventionellen Programms erklang Ballettmusik von Sergei Prokofjew. In der wirkungssicher zusammengestellten, fulminant dirigierten und gespielten Instrumentalkombination aus den zwei Orchestersuiten „Romeo und Julia“ konnte das glänzend aufgelegte Basler Sinfonieorchester seine Orchesterbrillanz ausstellen. Der stets freundlich lächelnde Erik Nielsen kitzelt aus dieser Partitur den Klangreichtum heraus und lässt die Instrumentationsraffinessen geschmackvoll ausspielen. Da funkelt es in jeder Instrumentengruppe. Das war sehr präsent und mit Drive gespielt, eine instrumentale Delikatesse, die beim Zuhören Lust auf das ganze Ballett machte. Schlichtweg superb.