Lörrach Gottes Wort –­ mit Menschenhand

Die Oberbadische
Jürgen Exner, Stefan Heeß und Markus Schulz (v. l.) mit der Lörracher Bibel von 1771 Foto: Katharina Ohm Foto: Die Oberbadische

Lutherjahr: „Lörrach schreibt ab“: Kirchen initiieren Abschrift des Neuen Testaments per Hand

169 456 Worte per Hand schreiben – und das im Computerzeitalter? Ab Januar starten die christlichen Kirchen in Lörrach mit einer Abschrift des Neuen Testaments. Anlass ist der 500. Jahrestag der Reformation durch Martin Luther.

Lörrach. „Wir möchten die Menschen verbinden, die Bibel neu erlebbar machen“, lautete der Tenor bei der gestrigen Vorstellung des Projekts vor der Presse. Initiator ist der Baptistenpastor Jürgen Exner. Als Grundlage dient die Lutherübersetzung 2017, gestiftet von der Deutschen Bibelgesellschaft Stuttgart.

Getragen und finanziert wird diese Aktion von der Evangelischen Allianz Lörrach. Federführend ist hier der Leiter der Evangelischen Stadtmission Stefan Heeß.

Acht christliche Lörracher Gemeinden, die Evangelisch-Lutherische Kirche Steinen und die Buchhandlung Alpha machen bei dem Projekt mit. Allein die katholische Kirche Lörrach-Inzlingen zögerte zunächst, da diese die Lutherübersetzung offiziell nicht für den eigenen Gottesdienst anerkennt, entschloss sich aber schließlich doch mitzumachen. Das berichtete Exner und betont: „So eine Allianz hat es wohl noch nicht gegeben.“ Insgesamt müssen 297 Seiten mit 169456 Worten geschrieben werden.

„Wir wollen direkt an Luther anknüpfen“, erklärt Markus Schulz von der Christuskirche. „Durch seine deutsche Übersetzung wurde die Bibel erst massentauglich.“ Die Gemeindevorsteher wollen die Menschen dazu anregen, sich intensiv mit der Bibel auseinanderzusetzen. Frei nach dem Motto „Der Weg ist das Ziel“, stehe der Schreibprozess im Vordergrund und nicht das Endprodukt.

Der erste Vers soll am Dienstag, 10. Januar, bei einem Konzert in der Freien Evangelischen Gemeinde geschrieben werden. Zu dem Auftritt von Albert Frey, einem bekannten christlichen Musiker, werden 500 Menschen erwartet. Wie genau der Schreibprozess am Ende aussieht, ist jeder Gemeinde selbst überlassen. Die Menschen können die Verse im jeweiligen Gemeindehaus zu bestimmten Öffnungszeiten abschreiben, im Rahmen der Gottesdienste, oder in Ausnahmefällen Zuhause. Es ist auch möglich, dass Kinder einzelne Seiten mit einem Bild gestalten. „Vorstellbar sind kombinierte Aktionen mit anderen Veranstaltungen, schlägt Heeß vor. Damit sollen mehr Menschen angesprochen werden. Allerdings ist man sich über das Format noch nicht ganz einig. Wahrscheinlich werden die Verse auf lose Blätter geschrieben, die am Ende zu einem Buch gebunden werden. „Keine Lücken entstehen zu lassen, wird eine logistische Meisterleistung“, sagt Schulz. Was am Ende mit der Abschrift geschieht, ist noch unklar. „Denkbar wäre zum Beispiel die Verwendung im Gottesdienst oder eine öffentliche Ausstellung in der Stadtbibliothek“, überlegt Exner. Auch ein Platz im Dreiländermuseum oder eine Versteigerung stehen als Ideen im Raum.

Vor allem Gemeindemitglieder sollen mit dem Projekt erreicht werden. Man hofft aber auch auf die Aufmerksamkeit von Menschen, die sich bisher wenig mit der Bibel beschäftigen.

„Wir möchten das Bewusstsein wecken, Teil eines großen Ganzen, Teil der seit 2000 Jahren bestehenden Bibelgeschichte zu sein. Damals wurde mit unglaublicher Sorgfalt gearbeitet“, meint Schulz

Exner verrät, dass jeder 500. Abschreiber mit einem Geschenk überrascht wird. Gerechnet wird mit rund 1000 Teilnehmern. Als Anlaufstelle wurde eine Internetseite (www.loerracher-handschrift.de) eingerichtet.

Das Projekt ist auch als Bildungsinitiative gedacht. Auch hier erfolgt wieder der Brückenschlag zu Martin Luther, der maßgeblich an der Einführung der Schulpflicht in Deutschland beteiligt war.

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