Lörrach Hemdsärmelig und frisch

Die Oberbadische
Aaron Dan (v.l.), Zeynep Özsuca, Heidi Mockert und Sacha Rattle                    Foto: Willi Vogl Foto: Die Oberbadische

„Berlin Counterpoint“ mit Jugendwerken und Entdeckungen

Von Willi Vogl

Lörrach. Musikalische Grenzüberschreitungen liegen gleichsam in der Natur des Ensembles „Berlin Counterpoint“, gehören die sechs jungen Musiker doch sechs verschiedenen Nationen an. Mit Aaron Dan (Flöte), Sacha Rattle (Klarinette), Heidi Mockert (Fagott) und Zeynep Özsuca (Klavier) waren am Sonntag Vier von ihnen zu Gast im Burghof.

Die Buntheit ihrer Herkunft bestimmt häufig auch die Konzertprogramme. So fanden sich neben vertrauten Werken von historischen Kompositionsgrößen auch frische, bislang kaum verbreitete Tonfälle. Gemeinsam war den Stücken, dass alle Komponisten diese in relativ jungen Jahren geschrieben haben.

Vom Aaron Dan, dem Flötisten des Ensembles stammten die „5 Rumänische Volkslieder“. Mit feinem Gespür für die melodischen und rhythmischen Möglichkeiten der Weisen aus seiner Heimat entwickelt Dan eine wirkungsvolle Fantasie. Hier wie in den folgenden drei Stücken für Flöte, Klarinette und Fagott von Walter Piston zeigten die Musiker ihre Kunst delikat aufeinander abgestimmter Tongebung und Artikulation. Neckisch erklang da das Allegro scherzando, eindringlich singend das Lento und quirlig tänzerisch das Allegro.

In der Interpretation von Mikhail Glinkas „Trio pathétique“ konnte man gebändigte Leidenschaft wahrnehmen. Da war Zeynep Özsuca mit allzeit brillanten Klavierläufen oder dezent zurückgenommenen Begleitmustern präsent, während sich Klarinettist Rattle und Fagottistin Heidi Mockert weich gepuderte Motivbälle zuwarfen. Spätestens im Largo hätte es jedoch klanglich und dynamisch mehr zur Sache gehen können. Wenngleich die gelegentlich lauteren Töne Rattles diese Ausdrucksmöglichkeit andeutete, wurde er den dramatischeren Momenten des Werks nur bedingt gerecht. Zu vordergründig kokettierte er allein mit der Eleganz seines Tones. Mockert gelangte zudem nie über eine mittlere Lautstärke hinaus und konnte so nur gleichsam abschattiert auf die dynamische Bandbreite von Klavier und Klarinette reagieren.

Mit 13 Jahren komponierte Beethoven sein Trio in G-Dur für Flöte, Fagott und Klavier. Beim Zuhören bekam man bereits angesichts der meisterlichen Materialbeherrschung des komponierenden Teenagers großen Respekt. Aaron Dan arbeitete seinen Themenpart plastisch heraus. So wurde vor allem der Variationssatz zur munteren Konzertunterhaltung. Individuellen Charme verbreitete Gustav Mahlers Klavierquartett in a-Moll. Mal sanft und mystisch wogend, mal impulsiv drängend lotete das Ensemble die kleingliedrigen Charaktere des Werks aus.

„So hört es sich an, wenn ein Komponist beim Komponieren Jeans trägt“, machte Aaron Dan auf Guillaume Connessons „Techno-Parade“ neugierig. Mit diesem hemdsärmelig repetitiven frischen Sound waren die Zuhörer in der Musik von Teenagern des 21. Jahrhunderts angekommen. Dabei führte der routinierte Griff Zeynep Özsucas in die Klavierseiten ebenso zu fantasievollen Verfremdungen wie die sich heiser überschlagenden Flötentöne in tiefer Lage. Dazu Pfeifen und Tonschlieren in der Klarinette. Die drei Musiker überzeugten in ihrer agilen Interpretation rundum, und so konnte das knapp fünfminütige Stück als kompositorische Entdeckung wahrgenommen werden.

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