Von Erhard Richter Lörrach. Im Sommer 1965 veranstaltete der Gesangverein Eintracht Rötteln-Haagen ein Fest auf dem Röttler Schloss. Dafür strahlte man auch erstmals mit einem Scheinwerfer die Oberburg an, was auf alle einen großen Eindruck machte. Dabei kamen dem Ersten Vorsitzenden Reinhold Kautzmann und dem Dirigenten Claudius Schauffler der Gedanke, auf der Burg Freilichtveranstaltungen und Schlosskonzerte durchzuführen. Kurz darauf, am 11. und 12. Juni 1965, feierte der Männerchor Grenzach das Jubiläum seines 125-jährigen Bestehens. Dazu hatte ich fünf historische Szenen aus der Frühzeit Grenzachs geschrieben, die sich auf die Zeit der Kelten, Römer und Alemannen bezogen und in dem Zeitraum vom ersten vorchristlichen bis in das zehnte nachchristliche Jahrhundert spielten. Zur Aufführung konnten zahlreiche Laienspieler- und spielerinnen vor allem aus der Narrenzunft Grenzach gewonnen werden, welche die Szenen so eindrucksvoll darboten, dass die Aufführung eine Woche später wiederholt werden musste. Da der Männerchor Grenzach mit Claudius Schauffler den gleichen Dirigenten besaß wie der Haagener Verein, erlebte dieser natürlich das Grenzacher Jubiläum und unsere Aufführungen mit. Danach sprach er mich an und erzählte mir von dem Gedanken, auf dem Röttler Schloss evtl. Freilichtveranstaltungen durchzuführen. Dazu sollte ein Verein gegründet werden, und dafür wollten Claudius Schauffler und Reinhold Kautzmann mich als Präsidenten und Schauspielleiter gewinnen... Die Verhältnisse bei und auf der Burg luden allerdings keineswegs zur Gründung eines solchen Vereins ein, denn die Zufahrt war in einem äußerst schlechten Zustand und glich eher einem Feldweg. Außerdem gab es kaum Parkmöglichkeiten, und innerhalb der Burgmauern war keine genügend große Spielfläche vorhanden, so dass für Aufführungen nur die Gartenwirtschaft in Frage kam. Außerdem wurde das Vorhaben von manchen Seiten mit äußerster Skepsis betrachtet... Wichtige Befürworter waren von Anfang an folgende Persönlichkeiten: Ernst Heitz, Bürgermeister von Haagen, Walter Gümpel, Vorsitzender des Röttelnbundes, und Michael Christl, Lörracher Stadtrat. Am 12. Februar 1966 wurde dann der Verein im „Gasthaus zur Linde“ in Haagen gegründet...Nach der Gründungsversammlung vergingen aber noch zweieinhalb Jahre, bis wir endlich spielen konnten, da vorher noch ein großer Parkplatz gebaut werden musste und auch die Straße zur Burgruine herzurichten war... Für die Eröffnung der Freilichtspiele sollte ich ein Stück schreiben, das womöglich Bezug zur Geschichte unseres Gebietes hatte. Ich entschied mich dann für eine szenische Darstellung des Markgräfler Bauernaufstandes, der ich den Titel „Markgraf Ernst und der Bauernaufstand von 1524/25“ gab. Zum Glück standen mir zur Besetzung der 43 Rollen nahezu alle Spielerinnen und Spieler unserer Grenzacher Aufführung von 1965 und der 1967 dazugekommenen Fortsetzung zur Verfügung. Diese wurden noch ergänzt durch Mitglieder der Laienspielgruppen Binzen und Kandern. Da auch inzwischen der in Steinen wohnende Franz Novotny zu uns gestoßen war, konnte die Rolle des Markgrafen überzeugend besetzt werden. Der für 1968 vorgesehene Beginn der Burgfestspiele war wegen der länger dauernden Arbeiten an der Zufahrtsstraße und am Parkplatz erst Ende August und Anfang September mit nur noch vier Aufführungen möglich. Das Interesse der Bevölkerung erwies sich dabei überraschend groß, denn rund 2400 Zuschauer wurden bei den jeweils ausverkauften Vorstellungen gezählt. Dies ermutigte uns, die Inszenierung im kommenden Jahr zu wiederholen, wobei zu sieben Vorstellungen nochmals rund 1600 Besucher kamen... Die 1970 und 1971 folgenden Inszenierungen von Friedrich Hebbels „Agnes Bernauer“ und Shakespeares „Romeo und Julia“ waren ebenfalls erfolgreich und brachten uns auch die nötigen Einnahmen für die weitere Verwirklichung unserer Pläne. Am dringendsten erachteten wir hierbei vor allem die Erstellung einer eigenen Spielfläche, für die wir 1971/72 viel Eigenarbeit investierten. Auf der neuen Spielfläche wurde auch eine dreistufige Bühne angelegt...Auf dieser Anlage konnten nun 625 (heute 550) Zuschauer die Aufführungen unmittelbar vor der beleuchteten Oberburg der mächtigen Schlossruine miterleben... Nach den Aufführungen des Bauernkriegsstückes in den Jahren 1968/69 musste der Spielerstamm fast vollständig neu aufgestellt werden, denn die Grenzacher Spielerinnen und Spieler hatten ihre Mitwirkung nur für dieses Stück zugesagt. Manche begabte Laienspieler und -spielerinnen aus der Regio schlossen sich uns nun an, so dass wir in der Folgezeit jedes Jahr eine überzeugende Inszenierung auf die Bühne stellen konnten... Den ersten Höhepunkt erlebten wir 1977 mit Dürrenmatts Komödie „Ein Engel kommt nach Babylon“. Dazu kamen 1977 4825 Besucher, so dass wir die Inszenierung 1978 wiederholten. Dabei zählten wir 6428 Personen, wobei sich ihre Gesamtzahl auf 11 253 erhöhte. Dieses überragende Ergebnis trug sicher entscheidend dazu bei, dass der Verein noch im selben Jahr von der baden-württembergischen Landesregierung im kulturellen Bereich der Regio als vorbildliche kommunale Bürgeraktion mit einem Hauptpreis ausgezeichnet wurde. Dass dieser Publikumserfolg nicht zufällig war, bewies im folgenden Jahr die Aufführung von Shakespeares Lustspiel „Ein Sommernachtstraum“, zu der sogar 8220 Zuschauer nach Rötteln kamen. Diesen Aufschwung verdankten wir neben der richtigen Stückauswahl vor allem unseren hervorragenden Spielern und Spielerinnen, von denen der Südwestfunk einmal meinte, dass sie deutlich näher bei den Berufsspielern als bei den Amateurspielern stehen... Dazu hatten wir auch das Glück, dass wir...wichtige Leute hinter der Bühne und im Vorstand besaßen...Gleich zu Beginn konnten wir Rudi und Vreneli Ortlieb für die Maskenbildnerei gewinnen...Ein großer Glücksfall war auch Hanspeter Baumgartner, der anfangs unter unglaublichen Bedingungen als Beleuchtungsmeister arbeiten musste... Von Anfang an besaß der Verein bis 1990 in Elfriede Wolff eine ausgezeichnete Inspizientin, die auch für die Auswahl der Kostüme und Requisiten sowie deren Instandhaltung zuständig war... Eike Dantona war als Gründungsmitglied jahrzehntelang ein gewissenhafter Kassenverwalter und ist noch jetzt als Beirat im Vorstand aktiv. Auch Karl Bertelmann hat sich jahrelang in manchen Bereichen, vor allem als 2. Vorsitzender, um den Verein sehr verdient gemacht. Das gleiche gilt für Hugo Staub, der zeitweise ebenfalls als Zweiter Vorsitzender und Schriftführer viel für unsere Sache geleistet hat. Helga Greiner war lange Jahre gewissenhaft als Schriftführerin und Verantwortliche für die Abendkasse tätig. Den letzteren Bereich übernahm dann 1999 ihr Mann Albert... Walter Baumgartner bediente jahrelang zuverlässig die Tontechnik, und Horst Wolff, Robert Pregger und Siegward Müller haben sich abwechselnd als Technische Leiter ebenfalls um den Verein verdient gemacht. Daneben betreute Horst Wolff auch noch einige Jahre die Abendkasse sowie die Presseberichterstattung. Willy Borsdorf kümmerte sich über viele Jahrzehnte hinweg um alle unsere Gebäude und pflegte dazu die gesamte Anlage. Peter Franke gestaltete fachkundig das Bühnenbild, und Heinz Huber war ein stets hilfsbereiter Transporteur für das Mobiliar und die größeren Requisiten, die uns die Basler Theater freundlicherweise zur Verfügung stellten. Eugen Krey widmete sich liebevoll der gärtnerischen Pflege unseres Burgareals. Nach dem Rücktritt von Reinhold Kautzmann im Jahre 1970 wurde das Präsidentenamt abgeschafft, und ich übernahm danach bis 2002 neben der Schauspielleitung die Aufgaben des Ersten Vorsitzenden. Danach hat mich Gilbert Rottmann in diesen beiden Bereichen abgelöst. In den vergangenen 50 Jahren haben die Burgfestspiele Rötteln 45 verschiedene Schauspiele aufgeführt, wobei die Spieler und Spielerinnen über 600 Mal auf der Bühne standen. Zu diesen Vorstellungen kamen rund 235 000 Zuschauer, was einem jährlichen Durchschnitt von ca. 5200 entspricht. Diese Zahl kann aber in Zukunft nur gehalten oder noch erhöht werden, wenn wir unserem anspruchsvollen Niveau stets verpflichtet bleiben und nicht in „leichte Kost“ abfallen.