Lörrach Jeder Tag ist eine Herausforderung

Die Oberbadische
Theodor Michael bei seiner Lesung an der Freien Evangelischen Schule                                       Foto: zVg/Braunschuh Foto: Die Oberbadische

Lesung: Afro-Deutscher Autor Theodor Michael zu Gast an der Freien Evangelischen Schule

Von Elena Polnau

Lörrach. Kann man deutsch sein, trotz einer anderen Hautfarbe? In unserer heutigen, multikulturellen Gesellschaft wirft diese Frage keinerlei Probleme mehr auf. Blickt man einige Jahre zurück, ist dieses Bild jedoch kaum denkbar. Der Afro-Deutsche Theodor Michael setzte sich in seinem Roman „Deutsch sein und schwarz dazu“ mit seiner schwierigen Vergangenheit im Nazi-Deutschland auseinander und präsentierte am Dienstag, an der Freien Evangelischen Schule Passagen aus seinem Bestseller.

Gemeinsam mit seiner Frau las er abwechselnd und gewährte dem Publikum einen Einblick in sein Inneres während des Dritten Reichs: „Mein Scheitern war vorprogrammiert“, ergänzte der 1925 geborene Berliner, als er von seiner Entlassung aus dem Gymnasium berichtete. Er suchte sich Jobs als Hotelpage oder als Komparse, wie das „Menschen wie er“ eben so machten, erläuterte seine Frau. „Exoten waren als Hintergrunddeko im Film sehr beliebt.“

1943 wurde er mit 18 Jahren zur Zwangsarbeit interniert. Getrennt von seinen Geschwistern, lebte der Afro-Deutsche die nächsten Jahre alleine und war den Bombenangriffen ausgeliefert. „Wir waren voller Dreck und Staub, aber wir waren am Leben.“

Nach dem Krieg blieben die Vorurteile gegenüber Farbigen in den Köpfen der Bevölkerung, so hatte der Sohn eines Kameruner Kolonialmigranten ohne Ausbildung und Schulabschluss nicht viele Möglichkeiten in Deutschland. Nach seinem Studium reiste Michael nach Paris, dort eröffnete sich eine ganz neue Welt für ihn. In Frankreich entwickelte er sich zum Afrikaexperten und fand mit dieser Qualifikation schnell Arbeit in Deutschland.

Rückblickend beschrieb er „jeden Tag“ als eine „Herausforderung“. Die Wunden, die ihm damals zugefügt wurden, seien mit der Zeit zu Narben geworden. „Viele Menschen schweigen“, erzählte er, doch er habe sich wegen der Nachfrage von seinen Kindern, Enkeln und Urenkeln dazu entschlossen, für sie seine Geschichte aufzuschreiben.

Obwohl ihm viele schlimme Dinge widerfahren seien, kenne er keinen Hass. „Groll schadet letztendlich nur mir selbst“, findet Michael. Deswegen glaube er auch fest an Gott, der ihn „durch diese furchtbare Zeit getragen“ habe. Der Roman brachte den Berliner dazu, sich wieder an seine Vergangenheit zu erinnern und sein ganzes Leben aufzuarbeiten.

Schulleiter Stefan Windisch erklärte, dass er diesen Beitrag von Theodor Michael gerade vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise für sehr wichtig erachte. „Niemand verlässt seine Heimat freiwillig, jeder bringt ein Schicksal mit sich“, bestätigte Michael. Die Schüler der Klassen 11 und 12 konnten im anschließenden Kolloquium Fragen an den Autor stellen. Für Windisch sei diese „historische Aufarbeitung“ eine besondere Form von Unterricht, die auch bei den Schülern gut ankam.

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