Von Jürgen Scharf Lörrach. Nach dem idyllischen Rosenfelspark und dem umtriebigen Marktplatz gab es bei „Stimmen“ ruhige, intime Lautenlieder. Einen größeren Kontrast kann man sich nicht denken. Und ein solches leises Instrument, auch wenn es Laute heißt, hört man nicht alle Tage. Nach wie vor haben klassische Stimmen und die Alte Musik auch eine Stimme bei dem Lörracher Gesangsfestival, und wie man bei dem Rezital mit Sophie Klußmann in der Ottilienkirche in Obertüllingen hören konnte, soll dieses Konzertformat beibehalten werden. So war man am Montag auf einer anderen Zeitachse gelandet, bei viel früheren Gesängen aus der Spätrenaissance und dem Frühbarock. Den programmatischen Titel gab Henry Purcells „If Music be the food of love“. Die Berliner Sopranistin Sophie Klußmann findet für diese Musik einen galant anmutenden bis dramatischen Ton. Wobei sie nur einmal die Barockoper streift, in der großen Klagearie „Oh! Let me weep“ aus Purcells „The Fairy Queen“, dem ersten Höhepunkt dieses Programms. Sie weiß diese Liebesklage mit ihren Bassschritten dank ihrer geschmeidigen Stimmführung darstellerisch und gesanglich voll auszuschöpfen. Klußmann verfügt über das richtige Gespür für die musikalische Linien, wortadäquate Ausdrucksstärke und hervorragende Koloraturkunst. Zwei spannungsgeladene Solowerke für Sopran der Venezianerin Barbara Strozzi bildeten das Zentrum. Die beiden Lamenti haben eine unglaubliche Dimension, sind emotional aufgeladen und gehen stark in Disharmonien hinein. Strozzis Klagegesänge werden in der Interpretation von Sophie Klußmann zum Ereignis. Sie singt mit ihrem lyrischen Sopran und dem dunkelgefärbten Timbre nicht nur makellos, sie hat anrührende Musikalität. Da ihre facettenreiche Stimme reich an Farben ist, macht sie jede Zeile zu einem kleinen, intensiven Seelendrama. Um das Publikum mit dieser existenziellen Trauermusik nicht zu überfordern, schiebt sie eine leichtere Canzonette von Luigi Rossi ein, die ihrer schlanken, ebenso zarten wie festen Stimme und ihrem Charme sehr entgegenkommt. Der in Grenzach-Wyhlen lebende Lautenist Julian Behr stellt sich sensibel auf die Sängerin ein, sodass ein sehr ausgewogenes Zusammenspiel von Gesang und Begleitung entsteht. Behrs souveräne Fingertechnik und Feinfühligkeit lässt bei der Melodiösität der Lautenstücke eines John Dowland, aber auch in Piccinis Ciaccona oder Kapsbergers Toccata aufhorchen – fast schon ein halbes Lautenkonzert! Von der Filigrankunst der Sololaute wechselt der glänzende Instrumentalist bei der Begleitung zur kräftiger klingenden Theorbe mit dem längeren Hals, die mehr Substanz in den Bässen hat. Ein von Behr zitiertes Bonmot („Der Lautenist stimmt immer, die Laute nie“) stimmte an diesem Abend nur bedingt, denn seine Instrumente waren immer perfekt nachgestimmt!