Von Dorothee Philipp Lörrach. Mit einem romantischen Konzert von symphonischen Ausmaßen feierte der Motettenchor Lörrach seinen 90. Geburtstag. Die fast 80 Sängerinnen und Sänger zeigten sich unter der Leitung von Stephan Böllhoff mit Kantaten der beiden Mendelssohn-Geschwister Fanny und Felix in gewohnter Bestform. Beide Werke tragen den Titel „Lobgesang“. Als kongenialer Partner agierte das Sinfonieorchester des Motettenchors und hatte mit den jeweils ersten, rein instrumentalen Sätzen der beiden Kantaten einen eigenen großen Auftritt. Bei Fanny Mendelssohn als feine duftige, von den Streichern bestimmte Pastorale, die in ihrer Gestik und Harmonik an Bachs Pastorale im zweiten Teil des Weihnachtsoratoriums erinnerte, bei Felix Mendelssohn als prunkvoll-festliche Ouvertüre, in der immer wieder als Fanal das Thema der Liedzeile „Alles was Odem hat, lobe den Herrn“ aufscheint. Hier kamen auch die Blechbläser, allen voran die Posaunen, effektvoll zum Zug. Die Pauke unterstrich den pompösen Charakter der Einleitung. Spannend war der Dialog zwischen Streichern und Bläsern, der sich im Allegretto lange hinzog und in dem das Orchester quasi zweigeteilt agierte. Die in beiden Werken anspruchsvoll polyphon gestalteten Chorpassagen bewältigten die Lörracher souverän und sicher. Böllhoff hatte seine Sängerinnen und Sänger bestens vorbereitet, die Einsätze kamen wie selbstverständlich, so dass sich sein Dirigat auf große Zusammenhänge beziehen konnte, ohne zum Gefuchtel zu werden. Das große Klangvolumen des Chors war fein nuanciert, auch die gewaltigen Forte-Passagen blieben weich und beweglich. Und immer wieder bescherten die beiden Mendelssohns ihrem Publikum neue, unverbrauchte Hörerlebnisse, etwa in Fanny Mendelssohns Eingangschor „Meine Seele ist stille zu Gott“, wo lange Haltetöne in den Unterstimmen eine mystische Stimmung schaffen. Oder in Felix Mendelssohns Choral „Nun danket alle Gott“, dessen erste Strophe a Capella und in sehr hoher Lage eine unerwartet zarte, himmlische Klangwelt eröffnet. Eintritt des Orchesters wird zum Ereignis Böllhoff ließ hier den Chor in sehr getragenem Tempo agieren, schloss die Zeilen mit bedeutungsvollen Fermaten, so dass der Eintritt des Orchesters in der zweiten Strophe zum Ereignis wurde. Mit den beiden Sopranistinnen Alies Mack und Siri Karoline Thornhill, die für die erkrankte Helena Bickel einsprang, und dem Tenor David Fischer war den Veranstaltern ein Glücksgriff gelungen. Die jungen Stimmen schmeichelten der romantischen Musik, Alies Mack in Fannys „Lobgesang“ mit der Arie „O dass ich tausend Zungen hätte“ und Siri Karoline Thornhill im Duett mit dem Frauenchor „Lobe den Herrn meine Seele“. Einen leuchtenden Akzent setzte das Duett für zwei Soprane und Chor „Ich harrete des Herrn“ in dem der Chorsopran die Stimmlage der Solistinnen aufnimmt. Fischer interpretierte mit seinem strahlenden, operntauglichen Timbre das Tenor-Solo „Stricke des Todes“ als Seelendrama, in dem die bange Frage „Hüter, ist die Nacht bald hin"“ zur Schicksalsfrage wird. Wie ein gleißend heller Sonnenstrahl erleuchtet der Solo-Sopran (Thornhill) am Ende die Finsternis mit einer einzigen Zeile: „Die Nacht ist vergangen.“ Und der Chor feiert in einem ekstatisch bewegten Jubelgesang „die Waffen des Lichts“. Auch hier beeindruckte der Chorsopran mit mühelosen Höhen und einem feinen Gesamtklang. „Ihr Völker bringet her dem Herrn Ehre und Macht!“ – der Schlusschor in Felix Mendelssohns „Lobgesang“ fordert noch einmal das ganze Können der Sängerinnen und Sänger: Bewegte Stimmführung, diffizile Einsätze, rasch wechselnde dynamische Schattierungen und das anspruchsvolle Fugato „danket dem Herrn“ zeigten noch einmal eindrucksvoll die Leistungsfähigkeit des Motettenchors. Minutenlanger Beifall belohnte die Akteure für ihre eindrucksvolle Leistung.