Lörrach Makellos in den Abgrund

Die Oberbadische
Aufwendig inszeniert, aber mit wenig wirklich großen Momenten: „Sunset Boulevard“ Foto: zVg/© Bernd Böhner Foto: Die Oberbadische

Musical „Sunset Boulevard“ im Burghof: glanzvoll, aber auch ein bisschen belanglos

Von Ursula König

Lörrach. Es sollte eine Abrechnung mit der Traumwelt Hollywoods werden, die allzu viel Glamour vorgaukelt, um menschliche Abgründe zu verschleiern. Auf dieser Idee des Regisseurs Billy Wilder baut der Film „Boulevard der Dämmerung“ auf. Das darauf basierende Musical „Sunset Boulevard“ mit der Musik von Andrew Lloyd Webber wurde 1991 uraufgeführt. Am Mittwoch war im Burghof eine Inszenierung zu sehen und zu hören, die in vielerlei Hinsicht makellos war; zumindest die Äußerlichkeiten betreffend.

Ein aufwendig gestaltetes Bühnenbild mit wechselnden, stimmigen Details sowie die authentisch wirkende Kostümierung wären ein guter Ausgangspunkt für eine grandiose Aufführung. Auch stimmlich gaben Oliver Arno und Cornelia Drese in den Hauptrollen ihr Bestes. Doch das reichte nicht, um wirklich prickelnd zu sein. Daran änderte auch das brillante Team des Sinfonieorchesters des Nationalen Akademischen Bolschoi Opern- und Ballett-Theaters der Republik Belarus nicht wirklich etwas.

Über weite Strecken zieht sich die Handlung schleppend dahin. Es fehlt nicht an schönen Stimmen, sondern am Ausdruck. Einzelne Lieder wie „Träume aus Licht“ haben das Potenzial, unter die Haut zu gehen. Cornelia Drese verleiht der alternden Diva Norma Desmond eine volle und auch in den hohen Lagen sichere Stimme. Dennoch bleibt es eher bei einzelnen Strohfeuern – kein Feuerwerk. Auch deshalb, weil der monotone Sprechgesang des Protagonisten stellenweise ermüdend wirkt. So will der Funke trotz Bildästhetik nicht recht überspringen. Zumal die Musik von Andrew Lloyd Webber in diesem Fall auch keine wirkliche Starthilfe darstellt. An unvergessliche Hits wie aus „Phantom der Oper“ oder „Cats“, reichen die Lieder nicht heran.

Das Konzept erinnert zu sehr an einen flott zusammengerührten Cocktail: Melodramatik, schluchzende Geigen, eine Leiche zum Schluss. Dabei bietet die Geschichte der alternden Stummfilm-Diva und des Autors, der im Räderwerk Hollywoods seinen Idealismus verloren hat, genügend Stoff für einen unterhaltsamen Abend. Denn allein schon der Hintergrund der Entstehungsgeschichte verdient Beachtung: Billy Wilder fand heraus, dass viele alte Villen am Sunset Boulevard in Los Angeles noch immer von ehemaligen Stummfilmstars bewohnt wurden, deren Glanzzeit mit der Einführung des Tonfilmes vorbei war. Das ist auch das Lebensdrama von Norma Desmond – und allein die Tatsache, dass sie als 20 Jahre ältere Frau ihren Geliebten finanziert, war an sich schon Provokation genug für einen Film, der 1950 hinter die Kulissen Hollywoods blickte.

Die Thematik von Macht und Abhängigkeit und eines womöglich tief in uns versteckten Bedürfnisses, sich selbst nicht zu verlieren, konnte die Inszenierung im Burghof schlüssig herausarbeiten. Das Spiel mit verpassten Möglichkeiten und „abgefahrenen Zügen“ wird fantasievoll umgesetzt. Doch Thema und Handlung verlangen auch dynamische Spannung. Eine Inszenierung, die unter die Haut gehen soll, benötigt etwas mehr Esprit, Humor und straffere Abläufe.

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