Von Dorothee Philipp Lörrach. Blues und Swing von der ganz tiefenentspannten Sorte kredenzte das Hary de Ville Trio am Donnerstagabend dem Publikum im schummrigen Kerzenlicht des Burghof-Foyers. Mit dem Altmeister aus dem Wiesental sind der Nürnberger Jazzprofessor Martin Schrack als Pianist und der mit fast allen stilistischen Wassern gewaschene Bassist Joel Locher auf die Bühne gekommen. Zuerst eine Hommage an die großartige R&B-Sängerin Millie Jackson. Bass und Klavier beschnuppern und umkreisen sich eine Weile, bevor sie sich gemeinsam auf den Weg machen, wo sich dann auch die Gitarre wohlig maunzend dazugesellt. Dann lässt das erste Bass-Solo aufhorchen. Munter, agil und doch mit einer obercoolen Lässigkeit bearbeitet Locher seine Saiten, zwirbelt die Läufe und Schlenker aus seiner großen Geige heraus, dass es eine wahre Freude ist. Noch etliche Male wird er an diesem Abend Sonderbeifall einheimsen. Hary de Ville hat zwar mit Gesang, Gitarre und Mundharmonika das größte Klangfarbenareal zu bespielen, lässt aber seine beiden Kompagnons große Strecken selbst agieren. Er sei im Sommer mit dem Fahrrad hingefallen, nuschelt er. Mit dem Gitarre spielen war es daraufhin lange nichts, deswegen habe er sich der Mundharmonika gewidmet. Richtig hergestellt scheint er aber immer noch nicht zu sein, seine Beiträge gleichen eher Fußnoten zu dem, was die beiden anderen abziehen. Denn auch Schrack ist ein Tausendsassa an den Tasten. Seine Exkurse blinken von metallener Schärfe, brillant gleiten die Läufe und Girlanden aus seinen Fingern, seine musikalischen Ideen, mit denen er das Motiv eines Standards fortspinnt, sind originell und gescheit. Songs mit Sequenzen aus Gitarre oder Mundharmonika veredelt Das Publikum freut sich an Standards der alten Jazz-Kämpen wie Jimmy Smith oder Ray Charles und bekommt zudem jede Menge Songs aus Hary de Villes Feder. Sie drehen sich meist um Liebe und Sehnsucht nach Liebe oder auch um den Trennungsschmerz, mehr gehaucht als gesungen, hin und wieder mit ein paar Sequenzen aus Gitarre oder Mundharmonika veredelt. Doch irgendwie hat man den Eindruck, Hary de Ville befinde sich immer noch in der Rekonvaleszenz und müsse sich schonen. Die verstärkte Beschäftigung mit der Mundharmonika schlägt sich allerdings in einer hübschen Hommage an den im August im Alter von 94 Jahren verstorbenen Toot Thielemans nieder. Auch hier greifen die beiden Kompagnons an Klavier und Bass die motivischen Funken, die das Stück sprüht, mit Begeisterung auf und entzünden mit ihnen neue Ideenfeuer. „Jetz’ e bissle Bossa...“, haucht Hary ins Mikro und intoniert das brasilianische Feuer als sanft glosende Glut mit introvertiertem Pianissimo. Der Bass säuselt, das Klavier perlt – ein raffiniertes Ohrenschmankerl! Hörbare Freude kommt im Publikum auf bei der Eigenkomposition „Calypso“. Es fängt ganz ruhig an und mausert sich dann zu einem knackigen Groove in schillernden Latin-Schattierungen. Die Interaktion der drei ist inspirierend, der Rhythmus hat einen erkennbaren Vorwärtsdrang, an diesem Abend mit seinen sonst in sich selbst kreisenden Themen eher eine Ausnahme. Das Klavier schlägt vollgriffige Akkordpfosten ein, ein solide tragendes Fundament für virtuose Eskapaden. Ein paar Sachen mehr von der Sorte hätten dem Abend gut getan. Aber es hat ja auch etwas für sich, wenn man im Dreivierteldunkel mit einem Gläschen vor sich den eigenen Gedanken nachhängen kann. Mit der Zugabe „The touch of your lips“ toppt Hary de Ville die maximale Entspannung noch. Jeder Ton wird hier zu einem eigenen Ereignis. Der Beifall ist freundlich.