Lörrach Mit gnadenlosem Stehvermögen

Die Oberbadische
Der heimliche Star des Abends: Drummer Portinho mit Bassist Kip Reed Foto: Dorothee Philipp Foto: Die Oberbadische

Konzert unter dem Motto „Braziliana“ im Jazztone

Von Dorothee Philipp

Lörrach. Die ganze Farbenpracht der brasilianischen Musik entfaltete sich am Freitag im Jazztone, als Gitarrist Michael Arlt mit seinem Quartett unter dem Motto „Braziliana“ seine neue CD „Terra Distante“ vorstellte.

Obwohl es sich bei allen vier Musikern um ausgeprägte Solisten-Persönlichkeiten handelte, hieß doch der heimliche Star des Abends Portinho. Der 75-jährige Drummer, der seit den 1970er Jahren den Stil des „Brasilian Jazz Drumming“ kreiert und damit Generationen von Musikern geprägt hat, war zwar kaum sichtbar, regelrecht verschanzt hinter seinen Trommeln und Becken, gab aber von der ersten Sekunde an dem Ganzen einen unvergleichlich beschwingten Drive, spielerisch, kreativ, aber mit gnadenlosem Temperament und Stehvermögen. Portinho sitzt fast reglos hinter seinen Drums, die Trommelstöcke scheinen selbstständig in seinen Händen zu tanzen. Er verzichtet auf akustische Mätzchen und Experimente, seinen Stil könnte man als straight, sehr dicht und von einer elastischen Duktilität beschreiben. Was da rhythmisch abgeht, ist Südamerika pur.

Eine Wonne für seine drei Mitspieler, die auf dieser Basis ihre Kreativität ungebremst entfalten konnten. Arlt mit seinen vielfach wechselnden, mal mit Plektrum, mal von Hand gezupften Gitarren, denen er gegen Ende mit einem Synthesizer sogar Panflöten-Töne entlockte. Kip Reed mit seinem fünfsaitigen langhalsigen Bass, der immer wieder zu eigenen Melodien und Episoden fand. Und der Zauberer am Klavier, Klaus Mueller, der Feuerwerke an Virtuosität und Einfallsreichtum zündete, um dann wieder kongenial seine Mitspieler zu begleiten.

Das Publikum im Jazztone ging interessiert mit, das extra lange Warten hatte sich gelohnt, der leichte Unmut, der deswegen aufgekommen war, verflog mit dem ersten Ton. Ein Stück auf der CD hat Arlt dem Drummer gewidmet, der Titel lautet schlicht „Portinho“, damit gelang an diesem Abend ein Auftakt nach Maß mit schlanker Melodik und weichen Gitarrenklängen, die unbändige Energie verpackt in eine fast lässige Eleganz. In „Drifting on a blue note“ entwickelte der Bass Saxofon-Qualitäten, klang beseelt und sonor, man kam ins Träumen.

Überhaupt war dieser Abend ein ganzes Poesie-Album voll wechselnder Stimmungen, die Stücke schöpfen aus vielen musikalischen Traditionen Brasiliens, seien es folkloristische oder experimentell-urbane, aber immer mit einem Schuss Samba-Feuer. Arlt hat auch ein Stück geschrieben, das er „einem bescheidenen Instrument“ gewidmet hat: „The Triangle“, fröhliche Musik mit einer Prise Melancholie und schönen Dialogen zwischen Gitarre und Piano. Nur ein Triangel kam darin nicht vor, war sozusagen metaphysisch präsent.

In „A nossa historia“ blättert Komponist Arlt in der Geschichte des Quartetts in vielen Kapiteln, mit ruhigem Erzählton, mitsummbaren Melodien und einem verschwenderisch schönen Klaviersolo.

Das Quartett spielte deutlich über zwei Stunden mit Elan und unverbrauchter Frische. In einem für Quartett arrangierten Stück von Joyce Moreno hüpften plötzlich einige Takte aus „Pippi Langstrumpf“ über die Bühne, die Fröhlichkeit hielt an bis zum satten Dur-Schluss. Brasilianisches Gefühl kam auch bei der Zugabe auf, einem quirligen, charmanten Stück, das Portinhos Vater einst der „Süße der Kokosnuss“ gewidmet hatte.

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