Lörrach Mit Guggemusik und Gottes Segen

Die Oberbadische
Mit viel Humor und deutlichen Worten stimmte Pfarrer Thorsten Becker die Narren auf den Sonntag ein. Fotos: Silvia Waßmer Foto: Die Oberbadische

Narrenmesse: Pfarrer Thorsten Becker prangerte in seiner Predigt aktuelle Missstände an

Wenn in der katholischen Kirche St. Bonifatius nicht nur feierliche Orgelklänge, sondern auch fetzige Guggemusik erklingt, dann stimmen sich große und kleine Narren bei der inzwischen vierten Narrenmesse von Pfarrer Thorsten Becker und der Narrengilde Lörrach auf den Fasnachtssonntag ein.

Lörrach. Bis in den letzten Winkel war die Kirche gefüllt, als Pfarrer Becker – er agiert in diesem Jahr auch als Protektor der Lörracher Fasnacht – angeführt von der Guggemusik ’53 und flankiert von Obergildenmeister Jörg Roßkopf und weiteren Vertretern der Gilde und der Lörracher Cliquen die Bonifatius-Kirche betrat. Mit leicht heiserer Stimme begrüßte er die Anwesenden, unter ihnen Oberbürgermeister Jörg Lutz, Bürgermeister Michael Wilke und Landrätin Marion Dammann, in Reimform und sorgte später mit seiner Predigt in wohl gesetzten Versen für beste Stimmung.

„Unsere Fasnacht ist nicht nur witzig, sondern auch intelligent“, lobte Becker dabei die Lörracher Traditionen, bei denen um „wirkliche Kultur gerungen“ werde. Dazu erklärte er: „Hier sagt man, was man denkt und denkt, was man sagt, hier wird mancher Missstand deutlich angeklagt.“ Deshalb sei auch das diesjährige Motto „Zruckgluegt wärs vorusszseh gsi“ so „gut wie nie“. Spreche es doch alle an: Oftmals wüssten im Nachhinein „alle alles vorher schon ganz genau“. Doch warum haben sie dann nicht „ihren Mund aufgemacht und ihre Meinung ins Spiel gebracht?“, fragte der Protektor. Denn nur, wer vorher etwas sage, könne die Welt zu Besserem lenken.

Bei allem Humor und Lob auf die alten Fasnachtstraditionen versäumte es Becker zudem nicht, auch aktuelle politische Themen anzuschneiden. So nannte er etwa als „Unwort des Jahres“ den Brexit. Stehe dieser doch für die Schande, dass sich „die Insel aus Europa heraus gewählt“ habe und die gemeinsamen Werte wie Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden, die in unzähligen Kriegen mühsam errungen wurden, aus wirtschaftlichen Belangen „im Stich“ lasse. Europa sei aber „nicht nur Wirtschaft und Rendite“. Deshalb rief Becker Richtung Themse und Towerbridge keck, „friss en weg de Schägg“.

Während die Briten raus wollen, würden sich andere gerne drinnen sehen, leitete der Pfarrer anschließend zum Thema „Türkei“ und deren Präsident Erdogan über. Dabei prangerte er erneut die Affäre Böhmermann an und betonte: Es dürfe nicht sein, dass unsere Meinungsfreiheit auf dem Rücken der Flüchtlinge verhandelt werde.

„Auch ein anderer Präsident ist einer von der ganz üblen Sorte, über den sagt ein Lied aber vielleicht mehr als tausend Worte“, kam Becker auf ein weiteres Thema zu sprechen. Zur Melodie von „Sierra madre del sur“ dichtete er dabei zum Beispiel über Trump: „Er ist wie ein Westernheld, der verbal fast jeden erschießt und sein eigenes Land hinter Mauern verschließt“ und im Refrain: „Arme, arme USA“.

Weitere Themen, die Eingang in die Predigt fanden, waren die Kupferfassade des neuen Bonifatiushauses und eine Begebenheit mit deutschen Bischöfen in Jerusalem.

Nach dem närrischen Gottesdienst luden Becker und die Narrengilde zudem zum Apéro ins neuen Bonifatiushaus ein.

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