Lörrach Musikalischer Kosmos einfühlsam interpretiert

Die Oberbadische
Versenkte sich in das stille Werk der Bachschen „Kunst der Fuge“: der Lausanner Pianist Cedric Pescia im Burghof. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Klavierkonzert: Bachs „Kunst der Fuge“ mit dem Pianisten Cedric Pescia im Burghof

Lörrach. Wie nicht anders zu erwarten, blieb das Publikum beim Klavierrecital von Cedric Pescia am Mittwochabend im Burghof überschaubar. Haftet doch der „Kunst der Fuge“ eher das Etikett eines Lehrwerks für den Unterricht an als das eines Kunstwerks oder absoluter Musik wie dem „Wohltemperierten Klavier“.

Dass dieses gewaltige Fugengebäude – Bachs letztes großes Werk blieb angeblich unvollendet – überhaupt nicht abstrakt und theoretisch wirkt, wenn es als musikalischer Kosmos so einfühlsam auf die Umlaufbahn geschickt wird wie von dem Lausanner Pianisten, war die überraschende Erkenntnis und das Faszinosum dieses Klavierabends.

Die 18 Fugen und Kanons, von Johann Sebastian Bach „Contrapunctus“ genannt, sind eine lange Reise. Anderthalb Stunden ohne Pause ist man mit dieser hermetischen Musik auf sich gestellt. Einer Musik, die sich nicht leicht erschließt. Einer Musik von unglaublicher Tiefe. Sie überhaupt am Klavier zu spielen, ist schon grenzwertig.

Wie soll man Bachs „summum opus“ aufführen?

Die Frage ist, wie soll man Bachs „summum opus“ aufführen? Für welche Instrumente ist die „Kunst der Fuge“ gedacht? Für Orgel, zwei Geigen, Cembalo, Blockflöte, Streichquartett oder so kuriose Besetzungen wie vier Saxofone? Am meisten hat das Werk orchestriert in allen Arten von Orchester- und Kammerbesetzungen Eingang in Konzertprogramme gefunden, selten aber als Tasteninstrument.

Cedric Pescia gelingt die Quadratur des Kreises. Der Zyklus klingt unter seinen Händen wie ein autonomes Klavierwerk. Das ist eine Lebensaufgabe für einen Pianisten, denkt man nur an die Komplexität dieser Musik und an die nötige Konzentration, die es dafür braucht, um überhaupt die Spannung zu halten.

Auffallenderweise spielt der Pianist aus der französischen Schweiz mit Wahlheimat Berlin Bach nicht so, wie man Bach sonst spielt: nicht akzentuiert, barockisierend, historisierend, sondern sehr gesanglich. Bei aller Künstlichkeit der Musik fließen die Stimmen. Dieses „Singen“ auf dem Klavier ist es, was dieses stille Werk in Pescias Lesart so geheimnisvoll macht und so modern.

Dieser sensitive Musiker spielt die einfacheren und immer komplizierter und verdichteter werdenden Fugen bis hin zu den verwinkelten, geistreichen Spiegelfugen so sensibel, durchsichtig, klangschön und kantabel, dass der alte Bach aus dem Elysium sicher erfreut seine Zustimmung dazu gegeben hätte.

Beim Zuhörer war es so, dass er bei aller Monotonie des Themas gebannt ist von der Klanglichkeit der Interpretation, ihrer erstaunlichen Klarheit der Linienführung, der fremdartigen Schönheit und nicht zuletzt von der Poesie des Anschlags.

Man wartet auf die abschließende Fuge mit dem b-a-c-h-Thema, die ein Torso geblieben ist. Verblüffend und faszinierend, wie Pescia die letzten Noten abbrechen lässt. Überhaupt nicht abrupt. Der pianistische Feingeist will den Zuhörer an dieser Stelle nicht erschrecken oder gar schockieren. Er spielt mit Pedal, lässt die Töne verklingen, ja regelrecht verschwimmen. Es klingt wie aus einer anderen Welt, als würde diese „Kunst“ nie enden, die Musik sich nur leise ausblenden. Der Schluss bleibt offen.

Noch im Bann dieser unfassbaren Dimension der Bach’schen Musik, muss man im Parkett erst einmal durchatmen und sich von diesem konzentrierten Hören lösen, bevor sich die Hände zum Beifall regen.

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