Lörrach Nie gehörte Sphären der menschlichen Vokalkunst

Die Oberbadische
Ungewöhnlicher Wohlklang aus Norwegen: die „Nordic Voices“ in der Lörracher Stadtkirche Foto: Dorothee Philipp Foto: Die Oberbadische

Ensemble „Nordic Voices“ entführt in unbekannte Klangwelten / Hypnotisiertes Publikum in der Stadtkirche

Von Dorothee Philipp

Lörrach. Nach dem ersten Lied blieb der Beifall aus. Das Publikum saß wie verzaubert da, fast hypnotisiert, kam erst wieder zu sich, als die „Nordic Voices“ das zweite Lied anstimmten. Der Raum der Lörracher Stadtkirche schien sich ins Unendliche zu weiten, als die drei Sängerinnen und drei Sänger mit einem Lied über die Rückkehr des Himmels zum Volk Gottes ihr Programm begannen.

Lupenrein, schwerelos, makellos stieg der Gesang auf, durch keinerlei elektronische oder instrumentale Verstärkung getrübt, er umhüllte die faszinierten Zuhörer wie ein federleichtes Gespinst aus Tönen. Es war ein Leichtes, sich dabei die grandiose Natur Norwegens vorzustellen. Und „Geschichten aus der Heimat“ waren ja auch das Thema des Abends.

Das Ensemble, das schon seit 20 Jahren zusammen ist, hat sich neben der klassischen Stimmbildung ungewöhnliche Gesangstechniken angeeignet, mit denen es das Publikum in atemlosen Bann schlug. Die Stücke des norwegischen Komponisten Lasse Thoresen eröffneten nie gehörte Sphären der menschlichen Vokalkunst. Der Obertongesang der Männer erinnerte an die weit tragenden Töne von Klangschalen, und selbst tonlosen Atem verwandelten die Sängerinnen und Sänger in sanft fächelnden Windhauch und das Rascheln von Laub in der kühlen Brise. Thoresen setzt darüber hinaus auf Mikrointervalle, lange gehaltene Töne im Minimalabstand, was eine flirrende Unschärfe ins Klanggeschehen bringt und der Musik eine exquisite Fragilität gibt. Die schlichte Schönheit der norwegischen Lieder ähnelt der Musik aus der Renaissance, der das Ensemble verbunden ist.

Nach einem kleinen Exkurs zu den Schwierigkeiten der Norweger, Gefühle zu zeigen, wurde es humoristisch, obwohl „Likferdssælmin“ von Lasse Thoresen durchaus auch mit dem Tod zu tun hat. Die Silbenakrobatik und Mimik des Ensembles, die witzigen Dialoge und Dispute, das Spiel mit verschiedenen Atemgeräuschen und affektiertes Hüsteln und Flüstern blätterten einen gesungenen Comic auf, das Publikum schmunzelte amüsiert.

Die Zugabe bescherte dem begeistert klatschenden Publikum noch ein besonderes Hörerlebnis: Die Ensemblemitglieder verteilten sich im Kirchenraum und brachten diesen mit ihrem facettenreichen Obertongesang ins Schwingen, die Wände schienen zurückzuweichen und man meinte, unter freiem Himmel zu sitzen. Natürlich unter einem norwegischen.

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