Von Sarah Trinler
Lörrach. Kreativität verbindet über Grenzen hinweg. Das dachte sich auch die Kreativgruppe des „Treffpunkt ab 50“ und hat ihren wöchentlichen Kurs zur Integration von Flüchtlingen ausgeweitet. Über gemeinsames Stricken, Häkeln oder Basteln wird ein ungezwungenes Kennenlernen ermöglicht – darüber hinaus werden schöne Handarbeitsstücke geschaffen.

„Wir wollen die Flüchtlinge in Lörrach willkommen heißen und die Verständigung zwischen Bürgern und Asylsuchenden fördern“, so Renate Riemensperger, Leiterin des „Treff ab 50“. Zweimal im Monat kommen einige Frauen im „Kreativ- und Handarbeitstreff“ im alten Rathaus unter ihrer Leitung zusammen, um gemeinsam etwas zu schaffen und sich auszutauschen. „Warum dies nicht auch auf Asylbewerber ausweiten?“, dachte sich Renate Riemensperger zum neuen Semesterstart und trat mit dem Freundeskreis Asyl Lörrach in Kontakt.

Bisher gibt es in Lörrach eine Gemeinschaftsunterkunft in der Gretherstraße, in der etwa 100 Asylbewerber untergebracht sind. Die Menschen unterschiedlichster Herkunft und Religion haben Sprach- und Computerkurse und werden von Sozialbetreuern beraten und betreut. Um darüber hinaus den Kontakt zu den Bürgern herzustellen und die Integration voranzutreiben, sind Angebote wie die des Kreativtreffs beim Landkreis und bei den Mitarbeitern der Gemeinschaftsunterkunft willkommen.

Renate Riemensperger weiß, dass bei den Flüchtlingen noch große Unsicherheit herrscht und sie solchen Angeboten oftmals skeptisch gegenüberstehen. Aufgrund der fehlenden Sprachkenntnisse bleiben die Asylbewerber auch oftmals lieber unter sich. Man müsse ihnen Zeit geben und sie zu nichts zwingen. Herzlich willkommen sind die Flüchtlinge beim „Treff ab 50“ allemal: Bereits im Vorfeld haben die Frauen des „Kreativ- und Handarbeitstreffs“ als Zeichen Herzen in verschiedenen Farben gehäkelt.

Heute hat eine Frau aus Albanien den Weg zum Kreativtreff gefunden. Noch etwas schüchtern steht sie an der Eingangstür. Als Stütze hat sie ihren zwölfjährigen Sohn mitgebracht, der – im Gegensatz zu seiner Mutter – nach drei Monaten in Lörrach schon recht gut Deutsch kann. Renate Riemensperger und die anderen Frauen begrüßen die Gäste herzlich und nehmen sie sofort in ihre Mitte auf. Rücksichtsvoll wird sich gegenseitig beschnuppert. Auf dem Tisch steht eine Weltkugel, damit die Gäste zeigen können, wo ihr Herkunftsland liegt. „Wir hatten schon Gäste aus den unterschiedlichsten Ländern hier. Die Verständigung erfolgt dann eben mit Händen und Füßen“, schmunzelt Riemensperger.

Derweil haben die anderen Frauen angefangen, die Anleitung für Häkel-Fische zu studieren. „Unser Aquarium soll noch größer werden“, sagt eine Frau, während sie die Wolle aufwickelt. Die bunten Fische, die noch mit Füllwolle ausgestopft werden, sollen später einmal ein Mobile für Kinder ergeben. Die Frauen erinnern sich an eine Besucherin aus der Flüchtlingsunterkunft, die die Wolle um den Kopf aufgewickelt hatte. Andere Länder, andere Sitten. Und genau darum geht es im Kreativkurs: man möchte andere Kulturen kennenlernen und gegenseitig voneinander lernen.

So langsam sind alle warm miteinander geworden. Während einige häkeln oder stricken, wieder andere Grußkarten basteln, werden dem Jungen Fragen wie „Gehst du schon zu Schule?“ oder „Wie gefällt es dir bisher in Deutschland?“ gestellt. Die Frauen sind neugierig und wollen die Chance nutzen, die Flüchtlingssituation, die ihnen bisher nur aus den Nachrichten geschildert wurde, direkt aus Sicht eines Betroffenen erfahren zu können.

Geduldig beantwortet der junge Albanier die Fragen und freut sich über die Aufmerksamkeit, die er bekommt. Dabei vergisst er nie für seine Mutter zu übersetzen, die zwischenzeitlich ihre erste Karte gebastelt hat. Zufrieden blickt sie auf ihr Werk, das sie mit Stempeln und Gebasteltem verziert und beklebt hat. „Die können wir nun in unsere Heimat schicken“, sagt der Junge zu seiner Mutter.


Zur Person: 
Renate Riemensperger hat im Oktober vergangenen Jahres die Leitung der städtischen Seniorenarbeit im „Treffpunkt ab 50“ übernommen. Seither leitet sie auch den Kurs „Kreativ- und Handarbeitstreff“. In jungen Jahren hat die 51-Jährige als Arzthelferin gearbeitet, bis sie nach einer Umschulung zur Bürokauffrau die vergangenen 15 Jahre als stellvertretende Leiterin der Lörracher Friedhofsverwaltung tätig war. Mit Freude hat sie 2014 die Leitung des „Treffpunkt ab 50“ übernommen und möchte mit neuen Ideen das gute Angebot noch besser machen.

Der „Treffpunkt ab 50“ ist eine Einrichtung der Stadt Lörrach im Alten Rathaus, die ein vielseitiges Programm für Senioren anbietet und zum Ziel hat „Begegnung zu ermöglichen“, um den Verlust an Kontakten mit zunehmendem Alter auszugleichen.

Um unterschiedliche Zielgruppen erreichen zu können, haben sich im Treffpunkt inzwischen über 30 Interessengruppen gebildet, die alle von über 60 ehrenamtlichen Mitarbeitern geleitet werden. . Der Eintritt in eine Gruppe ist jederzeit möglich.

Den „Treffpunkt 50“ kann jeder mitgestalten, der sein Wissen und Können sowie Ideen und Erfahrungen einbringen möchte.
Das Programmheft  liegt in den städtischen Einrichtungen aus oder kann auch im Internet unter www.loerrach.de/seniorenarbeit eingesehen werden.
Informationen: Tel. 07621/9567350, E-Mail: seniorenarbeit@loerrach.de