Lörrach Trotz Arbeit Wohnung weg

Die Oberbadische
Auf einer Parkbank musste bisher in Lörrach noch niemand schlafen, Notschlafplätze gab es bisher noch immer. Foto: Archiv Foto: Die Oberbadische

Immer mehr Menschen von drohender Obdachlosigkeit betroffen / Stadträte: Wir müssen handeln

Von Guido Neidinger

Lörrach. Der Absturz ins soziale Abseits kann schnell gehen – selbst aus einer bürgerlichen Existenz. Das wurde am Donnerstagsabend im Ausschuss für Umwelt und Technik (AUT) deutlich – und machte betroffen (wir berichteten gestern).

In Lörrach gibt es immer mehr Obdachlose. Selbst wenn Menschen Arbeit haben, sind Geringverdiener angesichts steigender Mieten von der zwangsweisen Räumung ihrer Wohnung nicht gefeit. Auch die Zahl der Familien, die ihre Miete nicht mehr bezahlen können, wächst.

Die erschütternde und sich ständig verschärfende Situation führten Stefan Heinz (Leiter der AGJ-Wohnungslosenhilfe im Kreis Lörrach) und Sylvia Ziegler (Leiterin der Fachstelle Wohnungssicherung) den Ausschussmitgliedern eindrücklich vor Augen.

So steigt die Zahl der Menschen, die in der Notschlafstelle im Erich-Reisch-Haus unterkommen müssen, seit 2013 wieder deutlich an. Hier wurden im vergangenen Jahr 1298 Übernachtungen gezählt. Auch die Verweildauer in der Notschlafstelle verlängert sich immer häufiger, erläuterte Heinz.

Kontinuierlich nach oben schnellt die Zahl der obdachlosenpolizeilichen Einweisungen der Stadt, um akute Obdachlosigkeit nach einer Zwangsräumung zu verhindern. Waren es 2012 noch 125 Personen, die obdachlosenpolizeilich untergebracht waren, so sind es jetzt schon 249 (Stand 31. März).

Bislang konnte die Wohnbau Lörrach der Stadt bei Noteinweisungen stets behilflich sein. Doch die Wohnbau sei an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt, erläuterte Yvonne Eyhorn, stellvertretende Fachbereichsleiterin Bürgerdienste, im Ausschuss. Das hängt auch damit zusammen, dass vermehrt Asylbewerber untergebracht werden müssen.

Was bleibt, um Menschen davor zu schützen, tatsächlich kein Dach mehr über dem Kopf haben, ist im Extremfall die Beschlagnahmung von privatem Wohnraum. Doch das kann keine Dauerlösung sein.

Laut Bürgermeister Wilke ist dringend eine neue Einrichtung für Notfallübernachtungen nötig, darüber hinaus die Schaffung von Wohnraum für sozial Schwache und die effizientere Verteilung vorhandenen Wohnraums. Oft, so Wilke, lebten Einzelpersonen in größeren Wohnungen und würden diese frei geben, wenn sie eine geeignete kleinere Wohnung finden würden.

Betroffen reagierten die Ausschussmitglieder auf den Vortrag. „Das wird eine Aufgabe, die uns über Jahre hinweg beschäftigt“, gab sich Bernhard Escher (CDU) keinen Illusionen hin. „Das ist erschreckend und besorgniserregend“, zeigte sich auch Günter Schlecht (SPD) erschüttert und empfahl, den sozialen Wohnungsbau für Menschen anzukurbeln, „die auf dem freien Markt keine Wohnung finden“. Thomas Vogel (Freie Wähler) sieht das zunehmende Problem auch darin, dass Mieter ihre Wohnungen nach aufwendigen energetischen Sanierungen nicht mehr bezahlen können.

Gerd Wernthaler (Grüne) dankte der Fachstelle für ihre wichtige Arbeit ebenso wie alle anderen Stadträte und betonte, dass mit der zunehmenden Zahl von Wohnungsräumungen weitere Probleme wie Arbeitslosigkeit und Scheidung einher gehen würden. Wernthaler: „Es muss uns aufschrecken, dass immer mehr Menschen sich ihre Wohnung nicht mehr leisten können, obwohl sie arbeiten.“

Matteo Di Prima (Linke) zeigte sich „entsetzt über die vorgelegten Zahlen“ und beklagte „eine riesige soziale Kluft in der Stadt“.

Die Stadtverwaltung will jetzt laut Bürgermeister Wilke eine Strategie gegen die zunehmend drohende Obdachlosigkeit ausarbeiten und diese dem Gemeinderat noch vor der Sommerpause vorlegen. u  Siehe „Lörracher Aspekte“

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