Lörrach Trügerische Sicherheit

Die Oberbadische
71 kleine Waffenscheine hat die Stadt Lörrach im vergangenen Jahr ausgestellt – 2015 waren es noch zehn. Fotos: zVg Foto: Die Oberbadische

Kriminalität: Die Stadt hat im Jahr 2016 sieben Mal mehr kleine Waffenscheine als 2015 ausgestellt

Von Bernhard Konrad

Lörrachs Stadtverwaltung hat im zurückliegenden Jahr 71 kleine Waffenscheine ausgestellt – rund sieben Mal mehr als 2015 (zehn). Offenbar haben immer mehr verunsicherte Bürger das Bedürfnis, sich mit der eigenen Waffe zu schützen – und sei es nur eine Schreckschusspistole. Doch bleibt es fraglich, ob sich eine solche Waffe im Ernstfall als nützlich erweist, oder die Gefahr einer Eskalation erhöht.

Schlüsselereignis „Köln“ Sprunghaft angewachsen war die Zahl der Anträge in den Wochen nach der Silvesternacht von Köln zum Jahreswechsel 2015/16.

Im Verlauf des Jahres ging die Zahl der Antragstellungen zwar wieder zurück, so die kommissarische Fachbereichsleiterin „Bürgerdienste“, Yvonne Eyhorn, dennoch blieb der Trend aufs Ganze besehen steigend. Die Beratung Wie Bürgermeister Michael Wilke in der letzten Gemeinderatssitzung des vergangenen Jahres auf Anfrage von Christiane Cyperrek (SPD) erläuterte (wir berichteten), werde allen Antragstellern eine Beratung bei der Polizei empfohlen.

Ob dies im Einzelfall tatsächlich regelmäßig zu einem Antragsverzicht führt, lässt sich nach Aussage von Dietmar Ernst, Pressesprecher des Polizeipräsidiums, nicht ohne Weiteres sagen. Sicher sei dagegen: Wer die Möglichkeit einer Beratung in Anspruch nehme, sehe die Dinge anschließend mit anderen Augen. Die Gefahren Denn: Vor allem mit Blick auf Schreckschusswaffen gibt Ernst zu bedenken, dass niemand erkennen könne, ob jemand eine Schreckschusswaffe oder eine „scharfe“ Schusswaffe ziehe.

„Das kann rasch zu Panikreaktionen bei Betroffenen führen“, sagt Ernst. Selbst für Polizisten – die auf solche Situationen vorbereitet werden und kundig mit Waffen umgehen – sei dies „eine sehr schwierige Situation“. Wie soll jemand damit klarkommen, dem jede Routine in der Bewältigung solch einer Extremlage fehlt?

Die Annahme, das Zücken einer Waffe entschärfe die Situation quasi automatisch, sei vielmehr ein Trugschluss. Denkbar sei, so Ernst, dass derjenige, gegen den sich die Waffe richtet, zu noch rabiateren Gegenmaßnahmen greife. Mögliche Konsequenzen Wer den Erwerb eines kleinen Waffenscheins in Erwägung ziehe, tue also gut daran, mögliche Konsequenzen klar zu durchdenken. „Der Besitz der Waffe bedeutet im Grundsatz: Ich bin bereit, sie zu ziehen und auf jemanden zu schießen.“ Dabei, betont Ernst, können Menschen schwere Schäden zugefügt werden: massive Knalltraumata oder – je nach Entfernung – ernsthafte Augenverletzungen.

Voraussetzungen Wer einen kleinen Waffenschein führen möchte, muss mindestens 18 Jahre alt und frei von Vorstrafen sein. Zudem dürfe weder Drogen- noch Alkoholabhängigkeit oder eine psychische Krankheit vorliegen, informiert die Homepage der Stadt.

Die Waffen Besitzer des kleinen Waffenscheins dürfen „Schreckschusswaffen“, „Reizstoffwaffen“ oder „Signalwaffen“ mit sich führen, die mit einer Zulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) ausgestattet sind. Einschränkungen Auch diese Waffen dürfen nicht in allen Situationen in der Öffentlichkeit (etwa im Fußballstadion oder auf Demos) mitgeführt werden. Das Abfeuern der Waffe ist nur unter bestimmten Bedingungen zulässig. Inhaber des Scheins sollten sich hierüber informieren. „Der unerlaubte Umgang mit Waffen und Munition ist eine Straftat – in bestimmten Fällen eine Ordnungswidrigkeit. Auch erlaubnisfreie Waffen und Munition müssen ordnungsgemäß aufbewahrt werden“, betont die Stadt.

Das Verfahren Die zuständige Behörde – in Lörrach: die Stadtverwaltung – prüft, ob Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen. Hierzu holt sie laut Homepage Auskünfte bei folgenden Stellen ein: im Bundeszentralregister, im staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister und bei der örtlichen Polizeidienststelle. Habe die Behörde Bedenken, könne ein amts- oder fachärztliches oder aber ein fachpsychologisches Zeugnis verlangt werden.

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