Lörrach Viel Freude und eine Portion Frust

Die Oberbadische

Heringsessen: Jörg Roßkopf zieht insgesamt positive Bilanz für die Straßenfasnacht, übt aber auch Kritik

Von Bernhard Konrad

„Wo viel Sonne ist, gibt es auch Schatten“: Obergildenmeister Jörg Roßkopf hat gestern beim (leckeren) Heringsessen im Brauhaus Lasser eine etwas durchwachsene Bilanz für die Straßenfasnacht 2016 präsentiert.

Lörrach. Freilich gab’s auch inmitten hartnäckiger Tiefdruckgebiete zahlreiche Höhepunkte: Schnitzelbängg, die furiose Migros-Gugge-Explosion, Narrenmesse, einen verregneten, aber dennoch schönen Sonntagsumzug, Bälle, ein Kinderumzug, bei dem das Wetter – den Prognosen zum Trotz – einigermaßen mitspielte und manches mehr. Ganz zu schweigen vom Engagement der Gilde und ihrer zahlreichen Helfer, denen Roßkopf abermals für ihren Einsatz dankte, allen voran seinen Vorstandskollegen, die Lörrachs Straßenfasnacht organisieren.

Dennoch sei es ihm selten so schwer gefallen, ein Resümee für die Fasnacht zu ziehen: Er bat um Verständnis dafür, dass angesichts der immensen Arbeit auch mal Fehler passieren und nicht jeder Sonderwunsch erfüllt werden könne. Und: Er warb für eine intensivere Unterstützung der Straßenfasnacht durch die Mitglieder der Gilde.

Der Bitte um Hilfe kämen meist die gleichen Gruppierungen nach – interessanter Weise oftmals die kleineren Cliquen. Dagegen komme von den großen Formationen, „insbesondere den Musiken, so gut wie nie etwas.“

Appell an die Kritiker

Zweifelsohne hatte der Obergildenmeister nun Fahrt aufgenommen. Nächster Punkt: die Art und Weise der Debatte rund um Hemdglunkiumzug und Dällerschlägg. Es war zu sehen, dass sich offenbar hinter den Kulissen Szenen abgespielt hatten, die Roßkopf auch persönlich mitnahmen. Er könne verstehen, dass es „für einen eingefleischten Stettemer schmerzhaft ist, dass der Dällerschlägg nicht mehr auf dem Kirchplatz stattfindet.“ Auch mit dem kleinen Umzug als Gegenveranstaltung habe er kein Problem. Indes seien die Beschimpfungen, denen er sich bei Veranstaltungen in Stetten ausgesetzt sah, „unerträglich“. Auch vor dem Hintergrund, dass die Entscheidung für das Stadtzentrum im Gildenrat mit 36 zu vier Stimmen getroffen wurde.

Roßkopf zeichnete die Entwicklung des Dällerschläggs nach, der überwiegend in Lörrach – und nicht in Stetten – stattgefunden habe. Der Schlägg sei vom Stadtkern nach Stetten gewandert, weil es vor 16 Jahren praktisch keine Möglichkeit mehr gegeben habe, nach dem Umzug rund um den Alten Markt zu feiern. In Stetten habe es dagegen zahlreiche Optionen gegeben – aber: „Heute hat sich das alles wieder gedreht.“ Der „Feldversuch“ mit dem Hemdglunki in der Innenstadt sei durchaus erfolgreich gewesen, das zeigten auch die Rückmeldungen. Zumal auch die anschließende Party im Burghof gut besucht war. In Stetten seien diese Kapazitäten nicht mehr vorhanden. Roßkopf: „Fasnacht muss sich alljährlich auf veränderte Gegebenheiten einstellen.“

Der Obergildenmeister streifte noch die Irritationen um die Hallenbelegung in Hauingen, die zwischenzeitlich aber beigelegt seien: „In der Not hilft man sich aus und besteht nicht auf formelle Rechte aus einer Zeit von vor 40 Jahren.“

Zu den Glanzlichtern zählte unterdessen auch in diesem Jahr die letztmals veranstaltete Migros-Gugge-Explosion, die ab 2017 von der Privatbrauerei Lasser gesponsert wird. Den Wechsel nimmt die Gilde zum Anlass, das aktuelle Konzept zu überdenken.

Jörg Lutz: „Einigkeit macht Euch stark“

Gut funktioniert hat das Nebeneinander der Menschen in der Notunterkunft für Flüchtlinge in Brombach und den Bällen in der benachbarten Sporthalle. Aus dem Nebeneinander wurde sogar ein Miteinander: Während in der Halle die Gugge tobten, wurde zu späterer Stunde auch in den Zelten getanzt. Tolle Geste: Die Oktave Chratzer Brombach gaben den Asylbewerbern ein Ständchen in der Unterkunft. Auch hinsichtlich der Flüchtlinge, insbesondere mit Blick auf die vielen Familien mit Kindern, warb Roßkopf darum, „offen zu bleiben und nicht zu pauschalisieren.“

Spontan sammelten die Anwesenden für den elfjährigen Wanja Wowchuk aus Wischgorod, der dringend eine Operation benötigt (wir berichteten). Insgesamt 750 Euro (!) wurden gespendet: Sie werden von der Stadt verdoppelt.

Ehren-Gildenmeister Hans Posovszky richtete Grußworte an die Gäste, Frank Morgenstern hatte eine wackere Premiere als Redner und ein gern gesehener Gast aus Basel, Felix Rudolf von Rohr, brillierte in Reimform.

Monica Rexrodt, die bereits zum Ehrennarr ernannt wurde und nun die Urkunde entgegennahm, lobte den Einsatz der Narrengilde ebenso wie Protektor Jörg Lutz, der gleich noch zum Geburtstagslied für den stellvertretenden Obergildenmeister Klaus Breitenfeld (60) aufrief.

Lutz (nebenbei auch OB) appellierte an die Narrengilde: „Einigkeit macht Euch stark.“ Bei aller Wechselhaftigkeit der Ereignisse sagte er abschließend: „Danke für eine wunderbare Fasnacht.“

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