Lörrach Viele Freunschaften sind gewachsen

Die Oberbadische

Deutsch-deutsche Partnerschaft Lörrach – Meerane jährt sich zum 25. Mal

Lörrach. Schon kurz nach derm Fall des Eisernen Vorhangs vereinbarten Lörrach und das sächsische Meerane eine Städtepartnerschaft, die sich in diesen Tagen zum 25. Mal jährt. Das Jubiläum nahm Guido Neidinger zum Anlass für ein Interview über die Entstehung, die Entwicklung und Pflege dieser deutsch-deutschen Partnerschaft.

Gesprächpartner waren: die aus Meerane stammende Yvette Heinze, die heute Leiterin der Geschäftsstelle Ratsarbeit im Lörracher Rathaus ist, Elke Hach, die frühere Beauftragte für Städtepartnerschaften der Stadt Lörrach, Lars Frick, Leiter des Fachbereichs Kultur und Tourismus und in dieser Funktion auch zuständig für Städtepartnerschaften, sowie Manfred Raupp, Vorsitzender des Vereins „Lörrach International“.

Die Städtepartnerschaft zwischen Lörrach und Meerane jährt sich in diesen Tagen zum 25. Mal. Wie kam diese Partnerschaft zustande?

HACH: Es gab schon vor dem Jahr der Wende Kontakte zu verschiedenen Städten in Ostdeutschland; dann kamen über ehemalige Meeraner Bürger – teilweise aus der Textilindustrie – der Kontakt der beiden Städte zustande und der erste frei gewählte Bürgermeister von Meerane, Peter Ohl, wandte sich im Jahr 1990 mit dem Vorschlag der Städtepartnerschaft an Lörrachs damaligen Oberbürgermeister Rainer Offergeld.

Die ersten Jahre waren die Wendejahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Konnte die Verbundenheit mit dem sächsischen Meerane auch einen Beitrag zur Aufbauhilfe Ost leisten. Wenn ja, wie sah dieser Beitrag aus?

HEINZE: Es gab ein Landesprogramm, das den Austausch von Verwaltungsleuten zwischen Ost und West finanzierte. So fuhren Hauptamtsleiter Gnädinger ebenso wie Karlheinz Kunimünch von Werkhof und Feuerwehr nach Meerane und unterstützten die dortigen Verwaltungsmitarbeiter beim Aufbau moderner Strukturen. Umgekehrt kamen auch Meeraner Verwaltungsleute nach Lörrach, um die Struktur der Lörracher Verwaltung kennenzulernen.

Inwiefern hat die Freundschaft mit Meerane das Verständnis zwischen Ost- und Westdeutschland gefördert?

HEINZE: Durch die Städtepartnerschaft haben die kommunalpolitischen Akteure auf beiden Seiten deutliche Signale ausgesendet, die für die Bürger, für das Zusammenwachsen der Ost- und Westdeutschen Gesellschaft sehr wichtig waren. Insbesondere beim Abbau von Vorurteilen haben solche Austausche geholfen. So haben die Meeraner Bürger gelernt, dass Lörrach nicht im Westen liegt, sondern im Süden. Städtepartnerschaften leben ja nicht nur von offiziellen gegenseitigen Besuchen.

Welche Kreise hat die Partnerschaft mit Meerane gezogen?

RAUPP: Zahlreiche Lörracher Vereine haben Freundschaften geschlossen mit den Meeraner Vereinen und Einrichtungen der Zivilgesellschaft: unter anderem Narrengilde, Fanfarenzug und Singgemeinschaft. Es sind auch viele persönliche Freundschaften entstanden und gewachsen, und manche heutige Lörracher Bürger sind in Meerane aufgewachsen. Eine Lörracher Anwaltskanzlei hat in Meerane eine Niederlassung aufgebaut, die mittlerweile selbstständig agiert. Zudem besteht seit 2012 zwischen der Hellbergschule in Brombach und der Tännichtschule in Meerane eine Schulfreundschaft, die durch jährlich wechselnde Schülerbesuche intensiv gelebt wird. Erst im Juli war wieder eine Gruppe aus Meerane für einige Tage in unserer Stadt.

Eine Sprachbarriere gibt es in dieser Partnerschaft nicht. Macht das die gegenseitigen Beziehungen einfacher als zu anderen Partnerstädten?

FRICK: Die Städtepartnerschaften mit Sens, Senigallia und Chester sind trotz Sprachbarrieren gewachsen. Auch die intensiven Beziehungen mit Edirne (Türkei) konnten wachsen, trotz sehr hoher sprachlicher Hürden. Insofern spielt die Sprache hier keine allzu große Rolle. In der Partnerschaft zu einer deutschsprachigen Stadt spielt die Sprache höchstens eine positive Rolle, als der Erfahrungsaustausch natürlich noch direkter und unvermittelter stattfinden kann. Andererseits liegt ja der Reiz eines Austausches oftmals gerade in den eher unterschiedlichen kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen zweier Städte.

Wie lebendig ist die Partnerschaft mit Meerane heute nach 25 Jahren noch?

FRICK: Die Partnerschaft zwischen unseren beiden Städten lebt. Neben den vielen zivilgesellschaftlichen Austauschen hatte die Partnerschaft mit Meerane von Anfang an auch einen Fokus auf dem Austausch von Politik und Verwaltung. Es ging darum, voneinander zu lernen und insbesondere in Meerane beim Aufbau moderner Verwaltungsstrukturen zu helfen. Insofern ist auch heute noch der Austausch auf Verwaltungsebene und zwischen den beiden Gemeinderäten sehr intensiv. So kommt Bürgermeister Lothar Ungerer sehr gerne zu den Neujahrsempfängen der Stadt Lörrach, und im September erwarten wir eine Delegation des Meeraner Gemeinderates zum „Tag der Demokratie“ in Lörrach.

Lörrach unterhält noch Städtepartnerschaften mit Senigallia in Italien, mit Sens in Frankreich und Chester in England. Nimmt die deutsch-deutsche Partnerschaft mit Meerane eine Sonderstellung ein?

FRICK: Nein. Unsere Partnerschaft mit Meerane hat einen anderen geschichtlichen und kulturellen Hintergrund, aber sie nimmt deswegen keine Sonderstellung ein.

Gibt es auch freundschaftliche Beziehungen der genannten verschiedenen Partnerstädte untereinander, also zwischen Sens, Chester und Senigallia zu Meerane?

HACH: Sens, Chester, Senigallia und Lörrach sind jeweils mit einer Städtepartnerschaft verbunden. Meerane ist hier nicht Teil des Kleeblatts. Allerdings ist der Kreis Zwickau (ehemals Glauchau), zu dem Meerane gehört, durch eine Kreispartnerschaft mit dem Landkreis Lörrach verbunden. Städtepartnerschaften waren anfangs geprägt vom gegenseitigen Kennenlernen und dem besseren Verständnis füreinander.

Worin besteht heute der Sinn solcher Städtefreundschaften?

FRICK: Bei der Einführung der Städtepartnerschaften in den 1950er Jahren ging es um Aussöhnung nach den verheerenden Weltkriegen. Hierzu wurden insbesondere auf kommunaler Ebene bürgerschaftliche Begegnungen zwischen den Zivilgesellschaften der ehemals feindlichen Staaten durchgeführt. Die so erfolgte Völkerverständigung und Wiederannäherung hat bis heute dazu geführt, dass aus ehemaligen Feinden Freunde geworden sind und dass sowohl auf staatlicher wie auch auf zivilgesellschaftlicher Ebene der intensive Austausch zur Selbstverständlichkeit geworden ist.

Ist zum 25-jährigen Bestehen der Partnerschaft Lörrach – Meerane eine Jubiläumsfeier oder Ähnliches geplant?

FRICK. Zum Jubiläum hat Oberbürgermeister Jörg Lutz den Meeraner Gemeinderat nach Lörrach eingeladen. Anlässlich des Tages der Demokratie am 21. September wird eine circa 20-köpfige Delegation aus Meerane nach Lörrach kommen und aktiv am Geschehen teilnehmen. Unter anderem wird Bürgermeister Lothar Ungerer neben Oberbürgermeister Jörg Lutz an einer Podiumsdiskussion am Abend teilnehmen.

Umfrage

Bettina Stark-Watzinger

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat sich für Zivilschutzübungen an Schulen ausgesprochen. Damit sollen Schüler besser auf den Kriegsfall, Pandemien und Naturkatastrophen vorbereitet werden. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading