Trotz Ihres anstrengenden Berufs haben Sie sich auch als Stadtrat kommunalpolitisch engagiert. Was waren Ihre Beweggründe?
Die 70er und 80er Jahre waren politisch aufregende Zeiten. Meine Überzeugung ist es, dass Bürger sich für ihr Gemeinwesen engagieren und sich für Ehrenämter zur Verfügung stellen sollten. 1980 wurde ich für die CDU in den Gemeinderat gewählt. Drei Jahre später übernahm ich den Vorsitz der Fraktion, die ich bis zu meinem Ausscheiden im Jahr 1994 führte. Besonders wohltuend ist mir die stets sachgeprägte Zusammenarbeit mit dem damaligen Oberbürgermeister Rainer Offergeld in Erinnerung.
Was sind die wichtigsten Entscheidungen, die Sie als Stadtrat mitbegleitet haben?
Das war die Entwicklung der Innenstadt, aus der wir den Verkehr gegen Widerstände aus dem Einzelhandel herausgeholt haben, und die Entwicklung des Rumpel mit dem zentralen Migros-Gebäude (Anmerkung der Redaktion: heute Rewe). Es war ein harter Kampf, eine Mehrheit gegen den unserer Meinung nach nicht stimmigen ursprünglichen Verwaltungsvorschlag zusammenzubekommen. Wir forderten damals einen Architektenwettbewerb. Ich glaube, dass wir etwas sehr Vernünftiges zustande gebracht haben. Die gesamte Innenstadtentwicklung hat nachhaltig positive Auswirkungen für Lörrach.
War die ehrenamtliche Tätigkeit als Feierabend-Politiker eine Belastung für Sie oder eher ein Ausgleich?
Für mich war das ein Ausgleich. Die Jahre als Stadtrat waren eine wunderbare Zeit, weil ich mit Menschen zusammenkam, mit denen ich sonst nie etwas zu tun gehabt hätte. Ich habe ganz einfache tolle Menschen aus allen Schichten kennen- und wertschätzen gelernt. Dafür bin ich heute noch dankbar.
Nach 14 Jahren kam ich dann aber auch zum Schluss, dass ein solches politisches Ehrenamt nicht zu lange ausgeübt werden sollte. Ich denke, dass ich einen guten Absprung geschafft habe.
Kann man als Stadtrat tatsächlich einiges bewirken im politischen Willensbildungsprozess?
Man muss sich darüber im Klaren sein, dass man Freizeitpolitiker ist und die Verwaltung einen enormen Wissensvorteil hat. Deshalb ist es schwierig, der Verwaltung Paroli zu bieten. Aber wenn es Informationsbedarf gibt, dann kann man den ja einfordern. Trotz der dargestellten Schwierigkeiten kann man politisch durchaus etwas bewegen.
Konnten Sie Ihre beruflichen Qualifikationen bei der Ausübung Ihres politischen Mandats einbringen?
Die juristischen Qualifikationen haben mir dabei mit Sicherheit geholfen. Oft wurden rechtliche Sachverhalte diskutiert, bei denen ich meine beruflichen Kompetenzen einbringen konnte. Dennoch war es nicht immer ganz einfach, andere zu überzeugen. Ich habe allerdings für meine Überzeugungen gerne gekämpft.
Sie waren aber auch noch darüber hinaus gesellschaftlich engagiert.
Ja, bis heute. Ich wurde 1995 in den Vorstand der „Tüllinger Höhe“ gewählt. Heute bin ich dort Aufsichtsratsvorsitzender. Seit 35 Jahren führe ich den Förderverein der Freunde des Hebelgymnasiums. Zudem war und bin ich in einigen Stiftungen ehrenamtlich tätig.
Was würden Sie einem jungen Menschen, der sich für Jura interessiert, raten?
Beruflich wichtig ist vor allem eine gute Ausbildung für Juristen. Es muss jedem, der diesen Beruf ergreift, klar sein, dass er sich für eine Spezialisierung entscheiden muss. Jeder Jurist sollte heute Wirtschaftswissen haben, mit Zahlen umgehen und eine Bilanz lesen können. Für enorm wichtig halte ich auch Auslandserfahrung. Wenn Sie mit Ihrer Frage zusätzlich das Ehrenamt ansprechen, dann sehe ich es als noble Bürgerpflicht an, sich für ehrenamtliche Tätigkeiten zur Verfügung zu stellen. Der Zeitaufwand für diese Tätigkeiten ist keine vergeudete Zeit. Ein derartiges bürgerliches Engagement würde vielen Gremien, vor allem auch dem Gemeinderat, zugute kommen.
Zur Person:
Dr. Hermann Harrer wurde am 26. Juni 1946 in Lörrach geboren. Er legte 1966 das Abitur am Hebelgymnasium ab und studierte Jura in Freiburg, Genf und München. Er promovierte über „Probleme der Geldentwertung beim Ausgleich des Zugewinns“. 1976 war er in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Mülheim an der Ruhr tätig. 1977 trat er in die Anwaltskanzlei seines Vaters in Lörrach ein. Hermann Harrer ist verheiratet und hat drei erwachsene Töchter.